Comeback eines alten Gemüses

Vitaminreich, lecker – und ziemlich angesagt: Warum der einst geschmähte Kohl heute wieder fast in aller Munde ist.

Verschiedene Kohlsorten sind kreisförmig angeordnet.
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Der Imagewandel des Kohlgemüses

Was für ein Imagewandel: Lange galt Kohl als Armeleuteessen, dazu schwer verdaulich und geschmacklich eher schlicht. Doch in den letzten Jahren stieg das Wintergemüse zum hippen Superfood auf – als begehrter Bestandteil von Smoothies und Suppen oder als Chips. Wir erklären, was es mit dem Hype um das Wintergemüse auf sich hat.

Fast 40 Sorten gehören zur Gattung Kohl. Am bekanntesten sind Grünkohl, Blumenkohl, Rotkohl, Weißkohl oder Rosenkohl. Doch auch Brokkoli, Kohlrabi, Spitzkohl, Wirsing, Pak Choi, Romanesco und Kohlrüben zählen zur Familie. Deren gemeinsamer Urahn ist der Wildkohl. Der wurde in der Antike hoch geschätzt, in Griechenland wie in Rom. Aristoteles und Hippokrates lobten seine Heilwirkung, der römische Staatsmann Cato pries ihn als wunderbare Verdauungshilfe: „Es ist der Kohl, der an der Spitze aller Gemüsesorten steht.“

In Deutschland dagegen bekam Kohl in den späten Vierziger- und frühen Fünfzigerjahren des letzten Jahrhunderts ein Image, von dem er sich lange nicht erholte. Kohlsuppe, oft mehrfach aufgekocht, und trockenes Brot galten als typische Lebensmittel der entbehrungsreichen Nachkriegszeit. Der Geruch von Kohl im Treppenhaus war Sinnbild für Armut. Und die Tatsache, dass empfindliche Magen-Darm-Trakte gelegentlich mit hörbaren Nebenwirkungen auf den Verzehr reagierten, führte zur wenig schmeichelhaften Bezeichnung „lautes Gemüse“.

Das ist längst Geschichte. Kohl hat ein Comeback hingelegt – und gilt heute bei Food-Enthusiastinnen und Enthusiasten als cool. Passend dazu gibt es Kohlkreuzungen, die als besonders raffiniert gelten. Aus England kommen die Flower Sprouts, ein Mix aus Rosenkohl und Grünkohl. Die Japaner kreuzen Brokkoli mit der chinesischen Kohlart Kai-lan, das Resultat heißt Bimi Brokkoli und wird gerne als „Gemüse für Genießer“ bezeichnet. International wurde ein Kraut namens „Kale“ zum Trend ausgerufen. Es galt nicht nur in New York als letzter Schrei, bereicherte Salate genauso wie Chips oder Smoothies mit futuristischen Namen.

Dabei ist „Kale“ nichts anderes als unser guter alter Grünkohl. Der ist vor allem im Norden ein Herbst- und Winterklassiker – zum Beispiel als Hauptbestandteil von „Grünkohl mit Pinkel“, Grünkohl mit geräucherter Grützwurst. In Hamburg oder Schleswig-Holstein isst man das aromatische Gemüse traditionell auch mit Kassler und Kochwurst, es gibt Varianten mit Wiener Würstchen, Räucherspeck oder Rippchen.

Gesund und vielseitig in der Küche - vom Immunboost bis zur Spitzengastronomie

All diesen deftigen Varianten ist gemeinsam, dass der Grünkohl dabei lange gekocht wird und größere Portionen Fleisch begleitet. Dabei kann er seine größte Stärke als Rohkost, gedünstet oder blanchiert ausspielen: wertvolle Inhalte wie Ballaststoffe und Vitamine. So enthält Grünkohl viel Provitamin A, trumpft unter allen Kohlsorten mit dem höchsten Eisengehalt auf und liefert roh zudem noch mehr Vitamin C als beispielsweise Zitrusfrüchte. Diese Kombination kann dazu beitragen, das Immunsystem anzukurbeln.

Auch andere Kohlsorten wie etwa Rosenkohl, Wirsing oder Chinakohl liefern Vitamin C – und zudem noch Folsäure. Die ist wichtig für die Zellerneuerung und damit besonders gut geeignet für Schwangere und Stillende. Zudem enthalten viele Kohlsorten auch Ballaststoffe. Die gelten zwar als gesund, lassen beim Verdauen aber auch Gase entstehen, die dann zu Blähungen oder Bauchschmerzen führen können. Um das zu verhindern, reicht es häufig, Gewürze und andere lindernde Zutaten bei der Zubereitung hinzuzufügen wie Koriander, Kümmel, Kreuzkümmel oder Fenchelsamen. Als besonders bekömmliche Kohlsorten gelten Blumenkohl, Brokkoli und Chinakohl.

Geröstet, blanchiert oder angeschmort: Als rustikal-raffinierte Zutat haben die verschiedenen Kohlsorten längst auch die Spitzengastronomie erobert und damit ihren Ruf von einst endgültig abgelegt. Für Low-Carb-Fans kann geraspelter Blumenkohl außerdem Reis ersetzen, Vegetarierinnen und Vegetarier schätzen Kohlrabi als bissfestes Schnitzel.

Diese Kohlsorten sollten Sie kennen

Kohl gilt vor allem als Wintergemüse – aber viele Sorten gibt es das ganze Jahr über im Supermarkt. Diese sieben Kohlsorten bringen Vielfalt und Abwechslung auf den Teller:

 

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Text: Bruntje Thielke