Der tegut... Einkaufszettel

Einkaufszettelpoesie Nr. 11

Einkaufszettel sind bekanntlich eine wichtige Gedankenstütze beim Einkaufen. Und diese wird nicht nur von ganz normalen Menschen verfasst, sondern manchmal auch von echten Sonderlingen.

Stets gefürchtet, nun liegt er da, der absolut normale Einkaufszettel. Nichts, aus dem man wirklich interessante Schlüsse ziehen kann. Etwas Obst und Gemüse, eine Auswahl an Brotaufstrichen von Marmelade und Honig bis zu diversen Käsearten und Butter sowie Salz und Tortellini. Wenn man jetzt wüsste, wie diese gefüllt wären, könnte man eventuell auf einen Vegetarier schließen, aber vielleicht sind ja auch Fleischtortellini gemeint. Doch so bleibt das reine Spekulation, von der man sich seriöserweise fernhalten sollte.

Unterschiede beim Streichkäse

Höchstens die Unterscheidung von Frischkäse, Streichkäse und Philadelphia ist etwas akademisch. Aber wer weiß, ein echter Streichkäse-Experte wird hier schon den Unterschied kennen und zu schätzen wissen. Mal cremig, mal flockig-bröselig, mal quarkig-topfig – die Unterschiede reichen bestimmt von streichzart über streichsanft bis streichgrob. Der eine im Abgang frisch und belebend, der andere eher bouquethaft und voluminös, der dritte leicht und schmeichelnd. Sie werden sich vielleicht fragen, ob das nicht etwa übertrieben ist, aber ich sage Ihnen, echte Experten sind so. Die sehen, schmecken, hören und riechen Dinge, auf die wir Normalsterblichen nicht mal nach zwei Flaschen tegut… Bio-Rotwein kommen würden. Im Regal dieses Streichkäse-Experten stehen bestimmt meterweise Bände über Käsiges aus aller Welt. Werke über Eisbärmilch-Brie, Yakmilch-Philadelphia, sibirischen Bienen-Käse …

Solche Menschen treffen sich auf internationalen Konferenzen in Paris oder New York und suchen den Austausch über das richtige Streichen von entsprechen- dem Käse. Von links oder von rechts, mit einem Messer oder einem Löffel – oder gar mit einer sanften Zahnbürste? Vielleicht gibt es ja sogar eine wissenschaftlich fundierte Playlist, die in den Kühlschränken dieser Käsefreaks läuft, um ihre Schätze in die beste molekulare Stimmung zu versetzen.

Ganz ehrlich, normal ist das doch nicht! Wie kann man auf all so was nur kommen? Es wäre doch schön, wenn man einfach mal einen ganz normalen Einkaufszettel bekäme, der von normalen Menschen erzählen würde. Aber die scheint es wohl nicht zu geben.

Von  Dirk Henkelmann