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Bio-Lebensmittel ernähren die Welt

Öko-Landwirtschaft als Antwort auf die globalen Herausforderungen

Bio-Zwiebel in der Hand

Felix zu Löwenstein ist Vorstandsvorsitzender des Bundes der ökologischen Lebensmittelwirtschaft (BÖLW). Sein Hofgut im hessischen Otzberg-Habitzheim, das seit 500 Jahren in Familienbesitz ist, bewirtschaftet der studierte Agrarwissenschaftler nach den Richtlinien des Naturland-Anbauverbandes. In einem Gespräch äußert sich der Autor über die Gründe, dieses Buch zu schreiben, und über seine Gedanken zu einer innovativen Bio-Landwirtschaft.

Sind Bio-Lebensmittel und Ökologischer Landbau nur ein Nischenmarkt?

Um die wachsende Weltbevölkerung zu ernähren und andere Herausforderungen wie den steigenden Bedarf an Energie aus Ackerpflanzen zu stemmen, müsse die Landwirtschaft ihre Produktivität erhöhen. Dies sei nur in Gestalt einer Agrarproduktion möglich, die auf chemisch-synthetische Dünge- und Spritzmittel, intensive Massentierhaltung und gentechnisch verändertes Saatgut zurückgreift. So lautet, grob umrissen, die Argumentation vieler Vertreter der industriellen Landwirtschaft. Der Öko-Landbau könne nur einen Nischenmarkt bedienen.

Öko-Lebensmittel als einzige Lösung der globalen Probleme

In seinem Buch „Food Crash. Wir werden uns ökologisch ernähren oder gar nicht mehr“ entkräftet Dr. Felix Prinz zu Löwenstein diese These mit fachlich fundierten Argumenten. Er macht deutlich, dass vielmehr ein ökologischer Landbau die einzige Lösung auf die globalen Probleme, Hunger, Rohstoffknappheit, Klima-, Arten- und Umweltschutz darstellt. Dabei vermittelt zu Löwenstein dem Leser wichtiges Grundwissen, um sich in der Diskussion über Lebensmittelproduktion und Ernährung eine Meinung bilden zu können.

Ökologischer Landbau für Normalverbraucher erklärt

Ernährung, Erzeugung und Umgang mit Lebensmitteln in unserer Gesellschaft sind Gegenstand zahlreicher aktueller Buchtitel. Welche bestehende Informationslücke schließt Ihr Buch „Food Crash“?

Felix zu Löwenstein: Es gibt jede Menge Literatur über Ernährung und deren Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt. Was es aber bislang nicht gab: Eine für den normalen Leser nachvollziehbare Antwort auf die Frage, welches agrarpolitische System es schafft, künftig die Nahrungsgrundlage der Weltbevölkerung zu sichern und sich weiteren Herausforderungen wie dem wachsenden Bedarf an Energie aus pflanzlichen Rohstoffen sowie Klima-, Arten- und Umweltschutz zu stellen. In Fachkreisen wird bereits intensiv über diese Aufgabe und mögliche Lösungswege diskutiert. Die breite Öffentlichkeit, der Otto Normalverbraucher, gehört in das Thema einbezogen.

Bio-Lebensmittel nur für engagierte Landwirte und gut gestellte Verbraucher?

Was ist Ihr Lösungsvorschlag, Welternährung, Energiebedarf sowie Klima- und Ressourcenschutz in Einklang zu bringen?

Ich setze mich für den Bio-Landbau als globale Alternative zur jetzigen industriellen Landwirtschaft ein, wie sie in den Industrienationen betrieben wird. Das ist auch ein wichtiger Grund, weshalb ich das Buch geschrieben habe: Insbesondere Vertreter der Agrarindustrie, aber auch viele normale Verbraucher sind davon überzeugt, dass der Bio-Landbau nur eine Nische für engagierte Landwirte und finanziell gut gestellte Verbraucher ist. Sie halten Intensiv-Landwirtschaft, chemisch-synthetische Dünge- und Spritzmittel sowie die Gentechnik letztendlich für notwendige Mittel gegen den Hunger auf der Welt. Doch das ist nicht so. Die weiter wachsende Weltbevölkerung kann langfristig nur durch eine Landwirtschaft ernährt werden, die im Einklang mit Umwelt-, Klima- und Ressourcenschutz praktiziert wird.

Bio-Landbau ist eine System-Landwirtschaft; keine Rezept-Landwirtschaft

Der Leser erfährt in Ihrem Buch, dass moderner Öko-Landbau weit mehr beinhaltet als einfach nur Verzicht auf Mineraldünger und chemisch-synthetische Spritzmittel. Er erfordert viel Wissen und die Bereitschaft, innovative Lösungen für Probleme zu entwickeln. So haben Bio-Bauern in Baden- Württemberg jahrelang daran gearbeitet, Soja-Bohnen in ausreichender Qualität anbauen zu können. Verschiedene Probleme mussten sie bei dem Projekt bewältigen – von der Wahl des geeigneten Saatguts bis zur optimalen Technik der Unkrautbekämpfung. Ist es Ihnen auch ein Anliegen, zu vermitteln, dass Bio-Landwirtschaft nichts mit Technik- oder Fortschrittsfeindlichkeit zu tun hat?

Auf jeden Fall. Öko-Bauern müssen, um auf Mittel wie Pestizide und Insektizide verzichten zu können, die Funktionsweise eines ganzen Systems vollständig beachten. So kann man durch geeignete Fruchtfolge und das Vermeiden von Monokulturen die Fruchtbarkeit des Bodens erhalten sowie Schädlinge und Krankheiten eindämmen. Der Bio-Bauer muss das Zusammenspiel mehrerer Faktoren beachten. Dünge und Spritzmittel einzusetzen, bedeutet dagegen, ein Rezept gegen ein bestimmtes Symptom anzuwenden. Bio-Landbau ist eher eine „System-Landwirtschaft“, während es sich bei der industriellen Landwirtschaft meist um eine „Rezept-Landwirtschaft“ handelt.

Bewusste und aufgeklärte Verbraucher

Sie plädieren für mehr Wissensvermittlung zum Thema Ernährung in Kindergärten und Schulen. Sollte es nicht auch ein Fach Ökologie oder Umweltkunde geben, das die Bedeutung einer ressourcenschonenden Landwirtschaft für das ökologische Gleichgewicht sowie für Arten-, Landschafts- und Gewässerschutz vermittelt?

Als Landwirte benötigen wir aufgeklärte und bewusste Verbraucher, die beispielsweise eine ökologische Wirtschaftsweise durch den Kauf der Erzeugnisse unterstützen. Die Politik benötigt ebenso die Unterstützung der Konsumenten, wenn sie die Weichen für einen Landbau stellen will, der unsere Probleme löst und nicht verschlimmert. In der Generation meiner Eltern hatte praktisch jeder einen Bezug zur Landwirtschaft. Heute hat nur noch eine Minderheit vor Augen, wie Grundnahrungsmittel wirklich erzeugt werden. Da geht auch viel Grundwissen über das Funktionieren der Natur verloren. Insofern besteht hier schon Bedarf an schulischer Bildung.

Massenproduktion und Regenwald-Abholzung verhindern

Sie sprechen sich bei Lebensmitteln für Preise aus, welche die ökologische Wahrheit sprechen: Die Kosten, die durch eine bestimmte Form der Erzeugung verursacht werden, sollen im Preis enthalten sein. Wie soll eine derartige Preisgestaltung in der Praxis aussehen?

Allein die Bewusstseinsbildung der Verbraucher wird das Ruder hin zu einer wirklich ökologischen Ernährung nicht herumreißen. Deshalb hat der Staat die Aufgabe, die Rahmenbedingungen richtig zu setzen. Beispielsweise, indem er den Import von Eiweißfuttermitteln besteuert. Diese Futtermittel sind sowohl Voraussetzung der Massenproduktion von Eiern, Fleisch und Milch mit all ihren Folgen als auch Ursache der Abholzung tropischen Regenwaldes. Die dadurch erfolgende Verteuerung von Fleisch hätte überdies Auswirkungen auf den Konsum.

Bio-Produkte sind nicht gleich Bio?

Nicht alle Bio-Produkte sind wirklich ökologisch. So gibt es eine wachsende Zahl an Bio-Fertiggerichten. In der Geflügelzucht sind nicht alle Probleme in Bezug auf eine artgerechte Haltung gelöst. Sollten Erzeuger und Anbieter von Bio-Lebensmitteln den Verbraucher stärker auf diese noch nicht gelösten Defizite hinweisen – im Sinne einer wirklich ökologischen Ernährung?

Bio-Lebensmittel sind zum einen Produkte, die bestimmte Zertifizierungsstandards erfüllen müssen. Ein Bio-Siegel gewährleistet dem Verbraucher, dass gewisse Herstellungsstandards eingehalten werden. Natürlich sollten Bio-Lebensmittel mehr sein als das, und die Mehrzahl der Bio-Produkte ist es ja auch. Andererseits handelt es sich um sehr komplexe Sachverhalte, die differenziert erklärt werden müssen. Insgesamt gilt aber, dass eine Bio-Tiefkühlpizza die ökologischere Alternative zur Tiefkühlpizza ohne Bio-Siegel ist und die Bio-Pute weitaus artgerechter gehalten wird als die Pute aus nicht biologischer Massentierhaltung.

Mit Dr. Felix Prinz zu Löwenstein sprach Gisela Burger, freie Journalistin und Autorin, Würzburg.

von Online-Redaktion