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Kreislauf für eine Grüne Zukunft

Grüne Zukunft
Foto: AdobeStock

Es ist an der Zeit, die natürlichen Prinzipien der Kreislaufwirtschaft
wiederzuentdecken – und weiterzuentwickeln. In der Pflicht sind Politik und Wirtschaft, aber auch jeder Einzelne trägt bei: durch bewusste und nachhaltige Kaufentscheidungen.

Die Natur kennt keinen Müll. Jedes Blatt, das von einem Baum fällt, wird wieder in den natürlichen Kreislauf eingeordnet. Das Gleiche gilt für jedes Tier, jeden Menschen. Alles ist von Kreisläufen bestimmt. Ein Kompost im Garten oder auf dem Balkon funktioniert nach demselben Prinzip. Er hilft uns, Abfälle in den Kreislauf der Natur zurückzuführen und somit sinnvoll zu nutzen.

Prinzip Kreislaufwirtschaft

Das Prinzip der Kreislaufwirtschaft ist uralt – und die Zukunft. Weil unsere Wirtschaft von endlichen Ressourcen abhängt, sind sich Wissenschaftler einig, dass nur eine Kreislaufwirtschaft langfristig funktioniert. Es geht dabei um mehr als bloß um Recycling. Es geht darum, Produkte zu entwerfen, die lange halten, repariert oder wiederverwendet werden können.

Batterien aus E-Autos zum Beispiel. Aktuell halten sie etwa acht Jahre. Was aber passiert mit den ausgemusterten Teilen in einigen Jahren, wenn mehrere Millionen E-Autos (plus E-Bikes, E-Roller) unterwegs sind? Die beste Antwort haben Unternehmen wie „Circunomics“: Jede Batterie bekommt einen digitalen Produktpass in der „Cloud“, der sie und ihren Zustand genau festhält. Und zwar zur Vorbereitung auf ein „zweites Leben“ als Energiespeicher, zum Beispiel zum Auffangen von Spitzen in der Solarstromerzeugung – dafür reicht auch eine Kapazität von unter 70 Prozent, die für ein Auto zu wenig ist.

„Das ist ein Musterbeispiel für die Kreislaufidee“, sagt Dr. Henning Wilts, Abteilungsleiter Kreislaufwirtschaft am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie. Denn Recycling, was oft mit Kreislaufwirtschaft verwechselt wird, ist hier bestenfalls in ferner Zukunft möglich, obwohl alle großen Autobauer daran forschen, die raren Rohstoffe (Lithium, Kobalt, Nickel) wieder aus den Batterien zu holen.

Ein französischer Autobauer hat bei Paris eine Refactory gebaut, wo demnächst bis zu 45.000 Fahrzeuge pro Jahr für den Secondhandmarkt wieder aufgearbeitet werden, ein japanischer Hersteller stellt Stoßfänger mit Kunststoff aus alten Stoßfängern her.

Das Gegenteil der Wegwerfgesellschaft

Kreislaufwirtschaft – dieser etwas sperrige Begriff ist zur Chiffre für die Hoffnung geworden, dass der Welt mit Vernunft, Achtsamkeit und auch cleveren Ideen noch zu helfen sei. Also das Gegenteil der „Wegwerfgesellschaft“, die über Jahrzehnte achtlos (aber für manche lukrativ) mit den Schätzen der Erde umgegangen ist.

Henning Wiils

Die Gesellschaft tut es immer noch, ein erschütterndes Beispiel: Die Menge von Plastikverpackungen, die für Recycling praktisch ungeeignet sind, hat sich in den letzten zwanzig Jahren verdoppelt.

Für Henning Wilts gibt es da eine Fehlsteuerung: „Wir Deutschen sind weltweit mit führend bei der Mülltrennung: sauber getrennt, gutes Gefühl. Dass der Abfall im Gelben Sack aber überwiegend nur verbrannt wird, ist vielen nicht bewusst.“ Die Lösung ist klar: Millionen von To-go-Bechern und -Schalen müssen wiederverwendbar sein, Verpackungen vermieden werden oder kompostierbar sein. Wilts ist überzeugt: „Die Konsumenten wollen das, aber man muss es ihnen leichter machen.“

So schließt sich der Kreis Für Wilts sind da „Politik und Unternehmen gefordert“. Es gibt aber schon viele Beispiele, wie Verbraucher sich im Sinne der Kreislaufwirtschaft entscheiden können:

  • „Refurbishing“ heißt das Verfahren, um digitale Geräte wie Smartphones und Laptops nach zwei bis drei Jahren, nach denen sie oft ausrangiert werden, aufzuarbeiten und „wie neu“ anzubieten. So lässt sich der Lebenszyklus der Geräte mit ihren wertvollen und kaum recycelbaren Materialien weit verlängern.  
  • Reparierbarkeit: Das Europäische Parlament hat ein für die Hersteller verpflichtendes „Recht auf Reparatur“ auf den Weg gebracht. Schon jetzt geht mehr, als man glaubt: Das von Studenten in Kalifornien gegründete Unternehmen „iFixit“ („ich mache es heil“) setzt Millionen um mit Videoanleitungen und Reparatursets für Ger te und Maschinen aller Art.  
  • Sharing Economy: Der Megatrend zum Teilen von Gebrauchsgegenständen erfasst die ganze Welt von Dingen und Dienstleistungen, die nicht jeder zu jeder Zeit braucht. Der wichtigste Effekt: Carsharing reduziert die Zahl der Autos, die in Städten benötigt werden.

Einen großen Beitrag werden auch Erfindungsgeist und technische Innovation leisten, oft in Start-ups organisiert. Die KfW (staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau), eine der führenden Förderbanken der Welt, unterstützt solche Unternehmen besonders.

Für den Experten Henning Wilts ist auch in diesem Bereich politische Steuerung entscheidend: „Forscher und Techniker brauchen Leitplanken dafür, in welche Richtung sie entwickeln sollen.“ Seine Forderung: konkrete Vermeidungsziele wie beim CO2 im Hinblick auf den Klimawandel. „Die Niederlande haben das Ziel gesetzt, bis 2030 den Einsatz von Mineralien, fossilen Rohstoffen und Metallen zu halbieren. Jetzt können Unternehmen und auch Ingenieure sich darauf einstellen.“

Deutschland, mit seinem starken Maschinen- und Anlagenbau eigentlich prädestiniert dafür, die Kreislaufwirtschaft technologisch anzutreiben, drohe den Anschluss zu verlieren. Starke Impulse kommen von der Europäischen Union: Da ist der „Green Deal“ vom Dezember 2019. Und da ist die „Green Recovery Alliance“: Mitglieder der meisten Parteien im EU-Parlament unterschrieben einen starken Appell für nachhaltiges Wirtschaften, übrigens zusammen mit vielen Vertretern aus Unternehmen und Handel. Ein Signal, dass Unternehmen den Kampf um die Umweltverträglichkeit und auch die Glaubwürdigkeit ihrer Marken aufgenommen haben.

Bokashi-Kompost

Die Wundermikroben Etwa 20 Millionen Tonnen Essensreste, 50 Kilo pro Haushalt, landen in Deutschland jährlich im Müll. Wir Deutschen haben aber wenig Lust, das in der Biotonne zu versenken – sicher, weil es eine mitunter schmierige, wenig hygienische Angelegenheit ist. Die Lösung verspricht eine Erfindung aus Japan: Bokashi-Kompost.

Man braucht nur einen dicht schließenden Eimer, in dem eine speziell komponierte „Bokashi-Kleie“ mit „effektiven Mikroorganismen“ darangeht, aus den Resten eine fermentierte, nicht übel riechende Masse zu machen. Mit Erde vermischt soll das ein perfekter Dünger sein. Anleitungen und spezielle Eimer (gewöhnliche tun’s wohl auch) sind im Internet zu finden.

Bokashi Kompost

Alles kreist

Kleine Projekte und das Prinzip Kreislaufwirtschaft

Die Wiener Firma Hut & Stiel züchtet auf Kaffeesud aus Kaffeehäusern, Restaurants und Seniorenheimen Austernpilze. Diese werden mit dem Lasten-E-Bike an die Gastronomie und Lebensmittelgeschäfte frisch ausgeliefert oder zu Aufstrichen, Sugo und Pesto verarbeitet.

Bei „Bracenet“ aus Hamburg werden Fischernetze aus dem Meer gefischt und zu Schmuck verarbeitet, das Rendsburger Schüler-Start-up "Meehr" stellt daraus Einkaufstaschen her.

Einweggeschirr aus Agrarabfällen, die ihrerseits kompostierbar sind: Die Hamburger Firma „Bio-Lutions“ produziert in Indien robuste Teller und Verpackungen aus Abfällen örtlicher Bauern, die sonst verbrannt würden.

Das Unternehmen „UniCaps“ aus Brandenburg produziert Kaffeekapseln für Maschinen aus nachwachsenden Rohstoffen anstelle von Plastik und Alufolie.

Kreislauf im Kleinen: Das Berliner „Isla Coffee“ macht Ricotta aus Milch, die beim Aufschäumen übrig ist, und Brotpudding aus den Resten der Gebäcktheke.

Isla coffee berlin

Wer es in der nachhaltigen Gastroszene ernst meint, hat stets „Leftovers“ auf der Karte – Gerichte aus Resten, wie früher bei den meisten Menschen zu Hause. „Zero Waste“, der Name für das Konzept, wird zum Qualitätsmerkmal.

Von Raimund Witkop

von Online-Redaktion