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Schwarz-Weiß-Denken klappt bei der Verpackung nicht

Portrait tegut… Geschäftsführer Thomas Gutberlet
tegut… Geschäftsführer Thomas Gutberlet | Foto: tegut…

tegut… Geschäftsführer Thomas Gutberlet über eingeschweißte Bio-Gurken, innovative Materialien und seine persönliche Plastik-Vermeidungsstrategie

Marktplatz: Ist Ihre gelbe Tonne auch immer voll?
Thomas Gutberlet: Ja. Bei einer großen Familie kommt da einiges zusammen. Aber es wird eher weniger bei uns.

Marktplatz: Woran liegt’s?
Wir probieren aus, was man als Verhinderungsstrategie machen kann. Nach dem Prinzip: Was ich nicht einkaufe, muss ich nicht wegschmeißen. Das gilt gerade bei großvolumigeren Verpackungen.

Marktplatz: Fühlt es sich also nur so an?
Der Verpackungsstand, den wir in Deutschland haben, der ist die letzten dreißig Jahre entstanden. Wenn man sich mal die Warengruppen außerhalb von Obst und Gemüse anschaut, dann hat sich da nicht so viel getan. Haferflocken werden seit 30 Jahren nicht lose angeboten, andere Produkte auch nicht. Es gibt zwar ein paar neue Produktgruppen mit hohem Verpackungsanteil, z. B. im Bereich Convenience oder Artikel wie Coffee to go. Das sind aber auch die, bei denen man als Verbraucher gut steuern kann, ob man das in der Form haben möchte oder nicht.

Marktplatz: Für Umweltverfechter ist vor allem die Obst- und Gemüseabteilung ein Ärgernis, weil so vieles in Plastik verpackt daliegt. Aber auch der Tofu ist in Plastik eingeschweißt, die Nudeln stecken in Plastik, Honigflakes in einer Plastiktüte und einem Pappkarton. Muss das sein?
Das Ganze ist ja nicht passiert, weil jemand gesagt hat, da hätte ich jetzt gern noch eine Verpackung drumrum, die den Hersteller ja auch Geld kostet, den Rohstoff und die Entsorgungsgebühr. Jeder, der etwas verpackt, zahlt die Entsorgungsgebühren gleich mit in Deutschland. Ein Recyclingkreislauf, der im Großen und Ganzen gut funktioniert. Die Entsorgung wird nicht über Steuern erhoben, sondern ist in das gekaufte Produkt eingepreist. Damit ist gewährleistet, dass die Abholung geregelt ist. Es geht aber ganz einfach auch um die Frage der Haltbarkeit. Das weiß jeder aus seinem Kühlschrank zu Hause. Wenn ich Produkte in Dosen oder gewachstes Papier verpacke und in den Kühlschrank lege, halten sie einfach länger. Sonst trocknen sie aus, nehmen fremde Geschmäcker an, dann kommen Bakterien dazu. Der Schutz des Produktes hat dafür gesorgt, dass die Sachen besser haltbar sind – und wir wesentlich weniger wegwerfen.

Marktplatz: Also haben wir kein Problem mit Plastik?
Die Fragen sind vielmehr: Wie kann ich mehr von dem Plastik recyceln, das gesammelt wird? Gibt es Alternativen zum Plastik, das in der Herstellung Erdöl und viel Energie braucht und nicht abbaubar ist? Ist es besser, andere Rohstoffe für die Herstellung zu verwenden? An dem Punkt wird es sehr kritisch.

Marktplatz: Wieso?
Weil ich in die Klimabilanz der einzelnen Bereiche reingehen muss. Kann eine zehnmal genutzte Plastiktüte besser sein als eine zweimal genutzte Baumwolltasche? Eine Baumwolltasche ist nur dann gut, wenn ich sie zwei, drei Jahre benutze. Es ist also weniger die Frage des Materials ausschlaggebend, sondern wie oft ich etwas zum Verpacken nutze. Deshalb stutzt der Kunde ja auch beispielsweise beim Gemüse, weil er denkt: Das benutze ich nur einmal und schmeiße es weg.

Marktplatz: Eben. Warum müssen z. B. Bio-Gurken eingeschweißt sein?
Sind sie ja nicht mehr. Auf Wunsch der Verbraucher haben sich alle Händler umgestellt und versuchen, Obst und Gemüse plastikfrei anzubieten. Auf dem Weg in den Handel werden jetzt allerdings viel mehr Gurken weggeworfen, aber darüber redet niemand. Jetzt muss man abwägen, was ist besser? Das Schwarz-Weiß-Denken klappt bei der Verpackung nicht. Richtig ist eine Vermeidungsstrategie, sie komplett aufzugeben wird uns nicht gelingen.

Marktplatz: Was bedeutet das in der Praxis?
Wir müssen uns jedes einzelne Produkt ansehen. Wenn Sie sich vorstellen, Sie würden Himbeeren unverpackt verkaufen und die Kunden sollten da mit einer Schaufel reingehen – das ist unmöglich. Ich kann keine unverpackten Himbeeren verkaufen.

Marktplatz: Was können wir tun, um in Sachen Verpackungen besser zu werden?
Wir müssen Produkte verwenden, bei denen ein Recycling stattfinden kann. Wir nutzen heute so viele unterschiedliche Ma­terialien, dass die Verwertung immer schwieriger wird. Da wäre ein klares Commitment nötig, welche Produkte wie verpackt werden und wie sie trennbar sind. Vor allem die Multikomponentenverpackungen sind unglaublich aufwendig in der Entsorgung.

Marktplatz: Die Folge ist, dass große Teile des Plastiks nicht recycelt werden können …
Ja, weil es zum Beispiel mit Papier beschichtet ist. Wenn sich das nicht trennen lässt, muss es als Müll verbrannt werden.

Marktplatz: Kann ich als Konsument erkennen, welches Plastik „schlecht“ ist?
Schwierig. Was man machen kann: Versuchen Sie, die Sachen richtig zu trennen. Wenn der Joghurtbecher mit einer Papierummantelung versehen ist, entfernen Sie sie und werfen sie in den Papiermüll und den Becher in den gelben Sack. Sonst ist er nämlich wieder nicht recycelbar.

Marktplatz: Wie sieht die Strategie von tegut… aus?
Wir versuchen, da, wo es geht, Plastik zu vermeiden und unseren Kunden Mehrwegkomponenten anzubieten. Dazu gehört das Einkaufen mit eigener Frischebox oder die Mehrwegbecher aus nachwachsenden Rohstoffen an unserer Kaffeestation. Wir bieten jetzt Tiefkühltaschen an, die nicht aus Plastik und Alu bestehen, sondern aus 100 % Schurwollfilz. Anderes Beispiel: Hack­fleisch. Die Verpackung besteht bei uns jetzt zu 75 Prozent weniger aus Plastik, weil die Ware im Karton liegt.

„Auf die große Lösung warten immer alle, aber es sind viele kleine Schritte, die man gehen muss.“

Marktplatz: Haben Sie Einfluss auf die Hersteller?
Ja, vor allem bei unseren Eigenmarken. Mit kleineren Herstellern arbeiten wir diesbezüglich eng zusammen.

Marktplatz: Bei einer unabhängigen Befragung unter Supermarktkunden bekommt tegut… Bestnoten bei den Stichworten Nachhaltigkeit, weniger Kunststoffverpackung und Mikroplastik …
Ich glaube, wir tun auch was, damit ein Veränderungsprozess möglich ist. Wir haben 2019 in einem Markt ein großes Unverpackt-Sortiment getestet, inzwischen sind drei weitere Märkte dazugekommen. Da die Gefäße regelmäßig gereinigt und kontrolliert werden müssen, ist der Aufwand für uns größer und der Preis deshalb manchmal etwas höher. Verpackte Ware in ein Regal zu räumen, ist deutlich einfacher.

Marktplatz: Glauben Sie, dass die Bereitschaft, möglichst viel verpackungslos einzukaufen, sich durchsetzt?
Manche wollen es einfach und bequem haben, andere werden immer mehr draufschauen, und je größer diese Gruppe wird, desto besser ist es.

Marktplatz: Haben Sie ein Ziel, wo tegut… in 5 Jahren stehen soll?
Kein Ziel, sondern wir wissen, dass das ein langer Weg ist. Wir müssen ständig forschen und sehen, was möglich ist. Alles, was geht, machen wir. Auf die große Lösung warten immer alle, auch beim Klimawandel, aber es sind viele kleine Schritte, die man gehen muss.

Marktplatz: Über 90 Prozent der Plastikabfälle in den Meeren gelangen über die großen Flüsse Asiens und Afri­kas ins Meer. Was antworten Sie Menschen, die deshalb sagen: Unsere Anstrengungen hier bringen doch sowieso nichts?
Es ist ja immer so: Einer allein rettet nicht die Welt. Aber je mehr es machen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit. Und: Welches Vorbild geben wir ab für den Rest der Welt, der sich nun mal an uns orientiert? Das Zweite ist: Was schicken wir da eigentlich hin? Landet Müll, den wir nicht recycelt haben, woanders auf Müll­kippen? In denen Menschen, die nichts zu essen haben, nach Lebensmitteln suchen und den Rest in ihre Flüsse schmeißen? Daran sind wir dann nicht ganz unschuldig. Es ist gut, dass wir in Deutschland nicht erst seit gestern über Nachhaltigkeit diskutieren und dass wir viele Dinge schon eingeführt haben, die eben dafür sorgen, dass unsere Sachen nicht in den Flüssen landen. Das ist ein Teil des Fortschritts, auf den wir stolz sein können.

Was wir tun können – und müssen, um den Verpackungswahnsinn einzudämmen: Mehr erfahren!

Plastik sparen mit tegut…

Seit über 35 Jahren wirtschaftet tegut… nachhaltig. Plastiktüten z. B. gibt es schon seit 2006 nicht mehr. Eine Auswahl aktueller Maßnahmen:

Tegut Biobaumwollnetz mit Äpfeln

  • Bio-Baumwollnetz für Obst und Gemüse
  • Tiefkühltasche aus 100 % Schurwollfilz
  • Kompostierbare Papiertüten
  • Mehr loses Obst und Gemüse
  • Einkaufen an der Theke mit eigener Frischebox
  • 75 % weniger Plastik bei Fleisch und Wurst in SB unserer Marken tegut… LandPrimus und tegut… Bio
  • Plastikreduzierte Mineralwasser-Pfandflaschen unserer Marke mit dem tegut… Reinheitsversprechen
  • Kaffeekapseln unserer Marke tegut… vom Feinsten aus recycelbarem pflanzlichem Rohstoff
  • immer mehr plastikfrei verpackte Kosmetik- und Hygieneprodukte wie Wattestäbchen, Zahnbürsten, Zahnpasta, Deo, Haarseifen …

Und in einigen großen Märkten:

144 unverpackte Bio-Lebensmittel wie Reis, Nudeln, Müsli, schokolierte Früchte.

Unverpackt einkaufen im tegut... Markt

Von Andreas Möller

von Online-Redaktion