Barfuß laufen

Ganz natürlich auf freien Füßen

Gehen Sie doch mal "unten ohne": Barfußlaufen trainiert die Muskeln, unterstützt das Immunsystem und ist ein sinnliches Vergnügen.

Barfuss laufen
Raus aus den Schuhen: Das fühlt sich nach Sommer, Kindheit und Freiheit an. Und weil wir barfüßig genau hinschauen, wo wir hintreten, nehmen wir die Welt intensiver wahr | Foto: Stocksy

Sie bestehen aus insgesamt 52 Knochen, haben 66 Gelenke, 40 Muskeln, mehr als 200 Bänder und Sehnen: Unsere Füße sind ein Wunderwerk der Natur, mit dem wir meist achtlos umgehen. Wir zwängen sie in enge, hohe Schuhe und verlangen, dass sie trotzdem ein Leben lang gehen, rennen, springen und tanzen, unser Gewicht tragen, es abfedern und in Balance halten. Die Armen!

Muskeln, Sehnen und Bänder werden gefordert

Jetzt im Sommer können wir endlich ein bisschen nett sein zu unseren Füßen: Wir gehen barfuß! Dafür sind sie nämlich eigentlich gemacht. Barfuß laufen fordert Muskeln, Sehnen und Bänder ganz anders, unablässig gleichen sie kleine Unebenheiten aus, von denen der Fuß sonst gar nichts mitbekommt. Diese natürliche Reflexzonenmassage bringt den Blutkreislauf in Schwung, was sich wiederum positiv auf die inneren Organe auswirkt. Der Fuß rollt über seine ganze Länge ab, das entlastet Knie und Bandscheiben, und die Körperhaltung wird verbessert.

Die Basis der Gesundheit

Einige Experten unterstreichen auch den Effekt auf das Immunsystem: Das Gehen auf kühlem Boden soll die Abwehrkräfte verbessern. Vor allem für Kinder ist das Barfußlaufen wichtig, damit sich ihr Fußgewölbe stabil und kräftig entwickelt. Denn wir kommen fast alle mit gesunden Füßen zur Welt – später haben aber rund 65 Prozent der Menschen Probleme mit ihnen. Wenn es ganz dumm kommt, führen Fußfehlstellungen sogar zu Rückenproblemen.

Barfuss bewegt sich der Fuß so, wie die Natur es gewollt hat

Eine Fülle an Empfindungen

Glücklicherweise ist Barfußgehen aber keine Last, sondern ein Genuss! Denn in den Fußsohlen befinden sich ähnlich viele Sinneszellen wie in unseren Händen, und sie bescheren uns eine Fülle an Empfindungen. Grashalme kitzeln zwischen den Zehen, Erde presst sich kühl gegen die Haut, Matsch quietscht, Moos streichelt, Kieselsteine zwicken hier und da – Barfußlaufen fühlt sich nach Sommer, Kindheit und Freiheit an. Wir fühlen uns im Wortsinn geerdet, entspannt und wach zugleich.

Beim Barfußlaufen zu beachten

Ein paar Dinge gilt es zu beachten, bevor Sie sich auf die Sohlen machen: Beginnen Sie langsam, testen Sie ein paar Tage zu Hause. Wagen Sie sich dann vorsichtig an glatte Untergründe, Sand, Rasen heran. Menschen mit Diabetes sollten extravorsichtig sein: Durch ihr eingeschränktes Schmerzempfinden nehmen sie leichte Verletzungen oft nicht wahr. Auch bei Durchblutungsstörungen oder starken Fuß­fehlstellungen erst den Arzt befragen. Kontrollieren, waschen und cremen Sie die Füße nach dem Gang ein.

Zur Unterstützung empfindlicher Sohlen gibt es „Barfuß-Schuhe“: Sie haben keinen Absatz, eine flexible, dünne Sohle und sind sehr leicht. Wie eine zweite Haut vermitteln sie die Sinneseindrücke und schützen gleichzeitig vor Verletzungen oder Insektenstichen. Manche ähneln einer stabilen Socke und haben zwei bis fünf Zehentaschen. Infos finden Sie unter barfuss-schuhe.net und zehenschuhe.net.

Barfußlaufen
Gut geerdet: Barfußlaufen ist für viele auch eine spirituelle Erfahrung, sie spüren die Verbindung mit der Erde | Foto: Shutterstock

natural running

Auch die Jogger haben das Laufen in minimalistischen Sneakern für sich entdeckt. Während sonst Hightech-Schuhe die ganze Arbeit übernehmen, trainiert „natural running“ die gesamte Fuß- und Beinmuskulatur und führt zu einem Laufstil, bei dem das Gewicht – wie von der Natur vorgesehen – nicht auf der Hacke, sondern stärker Richtung Vorderfuß abgesetzt wird, sodass das Fußgewölbe den Schwung optimal abfedern kann.

Auch hier gilt: Gewöhnen Sie Ihren Fuß langsam an das neue Laufgefühl und geben Sie den Muskeln Zeit, sich anzupassen. Einige Fans wollen sogar barfuß wandern, zum Beispiel auf nackten Sohlen durchs Allgäu ziehen – Infos gibt’s unter barfusswandern.com und barfuss.net. Fahren Sie zum Ausprobieren doch mal in einen „Barfuß-Park“, wo Sie Ihre Schuhe im Auto lassen und den geführten Wegen „unten ohne“ folgen. Allein in Hessen gibt es rund zehn, ein kleinerer Parcours findet sich im Fuldaer Auepark. Ein Verzeichnis aller Parks in Deutschland, Österreich und anderen Ländern finden Sie unter barfusspark.info. Wir wünschen: Happy Barefooting!

Warum ist man am Fuß so kitzelig?

Im Fuß befinden sich zigtausend Nervenenden, die aber wegen unseres Schuhwerks meist unterbeschäftigt sind. Werden sie gezielt gereizt, senden sie ein Feuerwerk ans Hirn – es kitzelt. Die Nerven der Hand erfahren täglich so viel Stimulation, dass sie weniger anfällig sind für Reizungen. Liefen wir öfter barfuß, wären unsere Füße also nicht mehr so kitzelig!

Von Angela Oelckers