Bienensterben

Bestäuber in der Not

Der Rückgang der Bienen ist nach wie vor dramatisch. Wie Demeter-Imker Günter Friedmann für die fleißigen Insekten kämpft. Und was jeder Einzelne tun kann.

Bienensterben
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Ohne Bienen gäbe es kein Wachstum

Bunte Wiesen, blühende Kastanienhaine, wild wachsende Pflanzen – und überall summen Bienen oder andere Insekten. Sie sind eine oft vergessene Kraft unseres Ökosystems. Über 80 Prozent aller Pflanzen werden durch Bienen, Schmetterlinge, Fliegen oder Käfer bestäubt. Ohne sie gäbe es kein nachhaltiges Wachstum, keine Ernte von Äpfeln und Kirschen, von Tomaten oder Zucchini. Und keinen Honig.

„Es gibt leider immer weniger blühende Landschaften“, sagt Demeter-Imker Günter Friedmann, einer der Pioniere der ökologischen Imkerei. Die Bienen hungern in den Monokulturen der industriellen Landwirtschaft, sie sind geschwächt von Pestiziden, Überdüngung und der Varroamilbe. Viele Völker überleben den Winter nicht. Ähnlich ergeht es allen anderen Insekten. Deren Bestand ist in den vergangenen 30 Jahren um über 75 Prozent gesunken, so eine Studie in Naturschutzgebieten. Die Insekten fehlen als Nahrungsquelle für Vögel, deren Zahl ebenfalls massiv zurückgeht.

Der Erhalt blühender Landschaften ist eine Aufgabe der ganzen Gesellschaft

Bienen-Initiative „Deutschland summt!“

Die Lage führt inzwischen zu einem Umdenken. Jeder kann etwas tun, um Bienen und Insekten zu retten, so die Einsicht vieler neuer Initiativen. „Deutschland summt!“ ist eine davon. Sie hat in Berlin und anderen Städten eine neue Generation an Stadtimkern gefördert. Das Angebot an Nektar ist dort oft besser als auf dem Land. Auf Balkonen und an Alleen, in Gärten oder Parks blüht es bis in den Herbst.

Die Initiative unterstützt auch „Bienenweiden“ im Garten: nektar- und pollenreiche heimische Pflanzen wie etwa viele Arten von Heckenrosen und Klee, Sonnenblumen oder Sonnenbraut. Gärtnereien bieten oft geeignete Blumen und auch Sträucher an. Dabei ist etwa Hainbuche insektenfreundlicher als Kirschlorbeer, Kornelkirsche besser als Forsythien. Auch das Bundeslandwirtschaftsministerium informiert unter bienenfuettern.de und per App.

Tipp für Gartenfreunde: Der englische Rasen ist eine grüne Wüste für Insekten, eine Wiese mit Kräutern und Blumen sorgt dagegen für Lebendigkeit. Außerdem gibt es auch jede Mange bienenfreundliche Balkonpflanzen.

Neue Ansätze für den Insektenschutz

Auch mit dem Einkauf im Supermarkt gestaltet jeder Kunde die Landschaft mit. Viele unterstützen mit Bio-Produkten Landwirte, die auf schädliche Pestizide verzichten. Im eigenen Garten helfen natürliche Pflanzenschutzmittel und Nisthilfen für Wildbienen wie andere Insekten. Die sogenannten Insektenhotels brauchen nur einen sonnigen Platz und lassen sich im Handumdrehen selber bauen. Der Verzicht auf unnötige Beleuchtung am Haus und im Garten verhindert, dass Insekten im Licht verglühen.

Es gibt viele neue Ansätze, um Bienen und Insekten besser zu schützen. So informiert das „Netzwerk Blühende Landschaft“ auch Bauern über geförderte sommerliche Blütenpflanzen in den einzelnen Bundesländern.

Natürliches Wachstum für Bienenvölker

Der Imker Günter Friedmann setzt angesichts des Bienensterbens auf ein natürliches Wachstum seiner Bienenvölker. Sie vermehren sich ohne künstliche Königinnenzucht nur über ihren natürlichen Schwarmtrieb und bauen ihre Waben selber. Seine Bienen sollen so weit wie möglich einfach als Bienen leben und dadurch widerstandsfähiger gegen Krankheiten werden.

Ein größeres Angebot an Blüten und Nektar würde ihrer Gesundheit helfen, größere naturbelassene Flächen in der Landwirtschaft mehr Raum für Insekten schaffen. „Der Erhalt blühender Landschaften ist eine Aufgabe der ganzen Gesellschaft“, so Günter Friedmann (imkerei-friedmann.de). „Jeder von uns kann dazu etwas beitragen.“

Lesetipp

„Die Geschichte der Bienen“ von Maja Lunde klingt nach einem Sachbuch, ist aber ein wunderbar geschriebener Roman. Die Norwegerin erzählt darin von drei Menschen in drei Epochen, die mit Bienen zu tun haben. Anhand ihrer Schicksale beschreibt sie das prekäre Verhältnis von Mensch und Natur auf diesem Planeten. Packend! Verlag btb

Von Matthias Ohnsmann