Der Demeter Hof der Familie Wild

Die Kohlkönige: Der Demeter Hof der Familie Wild

Chemie verbannte Familie Wild schon von ihren Feldern, bevor Bio seinen Boom erlebte. Und beweist, dass ihr Gemüse auch allein mit der Kraft der Natur zu wahrer Größe wächst. Ein Besuch in Unterpleichfeld, wo der Kohlanbau seit Jahrzehnten das Landschaftsbild prägt. Aktuell im Fokus: der edle Spitzkohl.

Familie Wild Biohof Kohlanbau
Anita und Lothar Wild, links, stellten die Landwirtschaft vor 24 Jahren auf ökologischen Anbau um. Seitdem gelten höchste Bio Standards. Heute fu?hrt der Senior den Hof gemeinsam mit Sohn Tobias. Dessen Ehefrau Kathrin hilft im Bu?ro. Luisa, 3, und Hannes, 5, machen die Großfamilie komplett | Foto: Simeon Johnke

Die Kohl-Ernte ist reinste Handarbeit

Die Sonne strahlt an diesem warmen Septembertag auf die Felder von Unterpleichfeld. Schmetterlinge flattern in der lautlosen Luft. In der Ferne sind die Dächer der fränkischen Gemeinde zu erblicken. Inmitten seines etwa 300 Meter langen Feldes inspiziert Tobias Wild, 40, was zu seinen Füßen wächst: Spitzkohl. „Anderthalb bis zwei Kilogramm schwer sollten die Köpfe schon sein“, sagt der Bio-Landwirt und schlägt mit seinem Erntemesser beherzt gegen einen Strunk. Einige Säbelzüge, und schon hält er ein stolzes Exemplar in den Händen. Behutsam legt er es in eine Holzkiste zu den anderen Köpfen. Die Ernte, reinste Handarbeit. Der Spitzkohl, zart besaitet. Zwar ist er empfindlicher als sein robuster Verwandter, der runde Weißkohl. Doch punktet er mit leichter Bekömmlichkeit und einem feinen Geschmack, der in Rohkostsalaten ideal zur Geltung kommt.

Vielseitiger Spitzkohl

Liebhaber von Krautwickeln schätzen an ihm, dass sich die Blätter leicht vereinzeln lassen. Auch im Eintopf, zu Pasta oder als Sauerkraut überzeugt das kegelförmige Gemüse mit seinem milden Aroma. „Er ist der Mercedes unter den Kohlsorten“, sagt Tobias Wild. Jeden Morgen ernten er und seine Helfer die tagesaktuell bestellte Menge. Am Abend wird eine Spedition die Ware ins Fuldaer tegut… Zentrallager bringen, von wo sie in die Filialen gelangt. Mitte Oktober wird der Landwirt seine Felder abräumen und die Ernte kühl einlagern, bis die letzten Spitzköpfe Mitte November den Hof verlassen.

Biohof Wild Kohlernte
Jeden Morgen wird die tagesaktuell bestellte Menge frisch geerntet. | Foto: Simeon Johnke

Das Gold der Gemeinde

In Unterpleichfeld gehört das Kraut, wie sie hier im Fränkischen für den Kohl sagen, fast schon zur DNA. Einst beherbergte der Ort drei Sauerkrautfabriken. Jedes Jahr im Herbst lädt der Sportverein zum Krautfest. Der wasserspeichernde und nährstoffreiche Lösslehmboden ist das Gold der Gemeinde. „Unser Gemüse schmeckt intensiver, als wenn es auf einem ständig bewässerten Sandboden wachsen würde“, erklärt Tobias Wild.

Die Wilds wohnen im Ortskern. Im Hof toben die dreijährige Luisa und ihr älterer Bruder Hannes, die Kinder von Tobias Wild und seiner Frau Kathrin. Sie hilft im Büro mit. Oma Anita schaut nach dem Nachwuchs, während Seniorchef Lothar mit dem Traktor vom Feld kommt und gleich wieder auf dem Sprung ist – „immer in Action“, wie sein Sohn sagt. In einer Halle und einem Kühlhaus stapeln sich die gefüllten Gemüsekisten. tegut… ist schon seit vielen Jahren einer der Kunden. Neben Spitzkohl werden auch Chinakohl, Kohlrabi, Rot- und Weißkraut, Kürbisse, Wirsing sowie Kartoffeln und Möhren angebaut.

1997 Umstellung auf ökologischen Anbau

Auch eine Bio-Schweinezucht gehört zum Betrieb. Sohn Tobias bewirtschaftet den Hof, der einst dem Großvater gehörte, gemeinsam mit seinem Vater. Er war es auch, der die Landwirtschaft 1997 auf ökologischen Anbau umstellte. „Der Einsatz von Insektiziden und Fungiziden stieg immer weiter an. Meine Frau und ich sagten uns, dass es so nicht weitergehen kann“, sagt Lothar Wild. Die Eltern seien skeptisch gewesen. „Aber für uns war dieser Weg richtig und von diesem haben wir uns trotz anfänglicher Missernten nicht abbringen lassen“, ergänzt Anita Wild.

Traktor am Kohlfeld
Der nährstoffreiche Lösslehmboden lässt den Kohl auf dem Demeter-Hof der Familie Wild besonders gut gedeihen. | Foto: Simeon Johnke

Demeter oder gar nichts

Demeter oder gar nichts Suchten sie zunächst nach Möglichkeiten, um ihr Gemüse an naturbewusste Kunden zu bringen, ist die Nachfrage nach Bio zwischenzeitlich rasant gestiegen. Neue Siegel für den Öko-Landbau erschienen, doch Familie Wild blieb bei Demeter. „Für uns ist klar: Entweder wir machen Bio mit dem strengsten Anbauverband oder gar nicht. Das EU-Bio-Siegel ist nur eine Softversion“, sagt Tobias Wild.

Auf dem Feld bedeutet das: Beim Anbau von Spitzkohl und Hokkaido-Kürbissen werden samenfeste Sorten verwendet. Aus den Pflanzen lassen sich wiederum Samen gewinnen. „Das macht uns unabhängig von großen Saatgutfirmen“,
erklärt er. Das Gemüse wächst allerdings nicht so gleichmäßig wie gezüchtete Hybridsaaten, die auf höhere Erträge optimiert sind. „Deshalb gehen wir zur Erntezeit drei- bis viermal übers Feld, um reife Köpfe herauszusuchen.“ Auch über die Vegetationsperiode ist oft körperlicher Einsatz nötig. Schließlich verzichten die Bio-Bauern auf chemische Mittel zur Unkrautbekämpfung. Wild: „Zwischen den Pflanzenreihen entfernen wir es maschinell, aber zwischen den einzelnen Pflanzen ist Handarbeit gefragt.“

Rinder- und Schweinemist statt Kunstdünger

Bis zu neun Saisonkräfte packen im Frühjahr mit an. Statt mit Kunstdünger werden die Felder mit Rinder- und Schweinemist sowie Kompost aufgepäppelt. Zudem erhält der Boden nach zwei Jahren Gemüseanbau zwei Jahre Zeit, um sich zu regenerieren. Dann wachsen Klee und Luzerne, deren Wurzeln das feste Erdreich metertief auflockern. Es bildet sich Humus und es dringt Stickstoff in den Boden ein, der das Wachstum der nächsten Gemüsepflanzen stärkt. Der Aufwand lohnt sich. Man kann es schmecken.

Klee, Luzerne, Erbsen als Gründünger
Klee, Luzerne oder Erbsen werden als Gründünger eingesetzt. | Foto: Simeon Johnke

Gemüse vom Biohof Wild bei tegut…

Der Bio-Spitzkohl vom Biohof Wild ist vor allem von September bis Mitte Oktober in Demeter-Qualität in den tegut… Märkten erhältlich. Der Familienbetrieb aus dem unterfränkischen Unterpleichfeld liefert übers Jahr für tegut… zudem Bio-Chinakohl, Bio-Kohlrabi, Bio-Kürbis Butternut, Bio-Kürbis Hokkaido, Bio-Rotkraut, Bio-Weißkraut, Bio-Wirsing – alles in Demeter-Qualität.

Aufgeschnittener Kohl

Von Kerstin Smirr