Duft, Klima, Klang – alles über Regen

Regen bringt Segen

Der stete Tropfen hat zu Unrecht einen schlechten Ruf. Er ist das Elixier des Lebens, bringt Gemütlichkeit, Regenbögen und saftige Ernten. Und für alles andere gibt es ja Schirme …

Frau mit Regenschirm
„Manche Menschen können den Regen spüren. Andere werden nur nass.“ Bob Marley (Reggae-Musiker, 1945–81) | Foto: Shutterstock

Es tröpfelt. Sprüht, nieselt, fieselt. Es pladdert, plästert, schifft und schüttet. Es prasselt, und es gießt wie aus Kübeln. Es regnet Bindfäden. Tropfen von oben: Jetzt im Herbst ist Regen das Wetter, das wir häufig erleben. Und kaum ein anderes ist so unbeliebt. Klar, niemand freut sich über nasse Füße oder schlechte Sicht beim Autofahren. Dunkle Wolken verdüstern die Stimmung – nicht von ungefähr gehören die Worte Niederschlag und niedergeschlagen zusammen.

„Was mich am Regen stört? Seine Einstellung. Immer so von oben herab …“ 

Autor unbekannt

Das ist natürlich zutiefst ungerecht. Denn Regen ist eigentlich etwas Wunderbares! Er reinigt die Luft von Staubpartikeln, bringt Pflanzen die nötige Feuchtigkeit zum Wachsen, produziert himmlische Regenbögen und Pfützen, in denen sich die Welt spiegelt und in denen Kinder mit Hingabe herumpatschen. Außerdem haben wir Menschen ja etwas erfunden, damit man bei Sturm und Regen nicht nass wird: Man nennt es Couch. Gibt es etwas Gemütlicheres, als darauf zu lümmeln, mit einem heißen Tee, und zu lauschen, wie die Tropfen auf das Dach oder gegen die Scheibe prasseln? Vielleicht ist es Zeit, einfach mal eine andere Perspektive einzunehmen. Zum Beispiel uns zu freuen, dass wir nicht auf dem Saturnmond Titan wohnen, denn da regnet es Methan, oder auf der Venus, wo ein Gewitter aus Schwefelsäure besteht. Da wollen wir doch mal nicht meckern über ein bisschen H₂O von oben, oder?

Wie groß ist ein Tropfen?
„Nehmen Sie täglich 10 Tropfen“ – diese Maßeinheit ist weit verbreitet, aber ungenau. Die tatsächliche Größe eines sich von einer Pipette oder Kanüle lösenden Tropfens hängt von vielen Faktoren ab. Pharmakologen rechnen so, dass bei wässrigen Lösungen, wie z. B. Medikamenten, zwanzig „gutta“ (das lateinische Wort für Tropfen) einem Milliliter entsprechen.

500.000 Kubikkilometer Wasser pro Jahr

Außerdem ist Regen ein rundum faszinierendes Phänomen. Wer weiß schon, dass ein Regentropfen keineswegs die romantische Tropfenform hat, die wir so gern zeichnen? Ab einem Durchmesser von 2 Millimetern plattet er ab beim Fallen (er wird dabei bis zu 20 km/h schnell), bis er aussieht wie ein Hamburger. Bevor sich die Wasser-Hamburgerchen losstürzen, schweben sie aber gasförmig als Wasserdampf durch die Atmosphäre, bis zu zehn Tage lang.

Rund 500.000 Kubikkilometer Wasser regnet es pro Jahr auf unseren Planeten, und schon in einer gewöhnlichen Kumuluswolke stecken über 150.000 Tonnen Wasserdampf und Eiskristalle, was in etwa so viel ist wie der Inhalt von 100 großen Freibadschwimmbecken.

Regenbogen – Glücksmoment
Foto: Stocksy
Besonders fasziniert uns schon immer der Regenbogen, an seinem Fuße vermuten wir sogar Goldschätze. So magisch ist er, weil wir ihn überhaupt nur unter ausgeklügelten Bedingungen sehen: mit der Sonne im Rücken und der regnenden Wolke im Blick. Trifft ein Sonnenstrahl einen Tropfen, zerlegt der das Licht in sein Farbspektrum. Es fällt in einem 42-Grad-Winkel auf den Betrachter. Dieser Winkel und der Abstand zu den Regentropfen bleiben immer gleich – und der Betrachter sieht den farbigen Bogen.

Künftig mehr Regen in Deutschland

Wer also Regen mag, für den klingt dies nach einer guten Nachricht: In Deutschland wird es voraussichtlich in Zukunft mehr regnen. Aber leider ist das alles andere als gut. Denn eine Langzeitstudie des Deutschen Wetterdienstes zeigt einen besorgniserregenden Trend zu extremen Wetterereignissen, hervorgerufen durch den Klimawandel: Es wird mehr Starkniederschläge geben, bei

Pflanzen gießen
Foto: Markus Spiske/Unsplash
Das Zuviel an Regen lässt Flüsse überlaufen, zerstört Ernten und bringt den Verkehr zum Erliegen. Vor allem Süddeutschland werde betroffen sein. Im Osten des Landes hingegen werden wir den Regen noch vermissen: Dort wird es deutlich trockener. Der Jahrhundertsommer 2018 hat gezeigt, wie das aussieht: Monatelanger Regenmangel ließ Felder und Flüsse austrocknen, den Grundwasserpegel sinken und Brunnen versiegen.

Sogar der Winter brachte zu wenig Niederschlag, der Grundwasserspiegel hat sich noch immer nicht erholt. Um zukunftsfähig zu sein, steht die Landwirtschaft hierzulande vor der Aufgabe, neue Sorten und Anbaumethoden auszuprobieren, zum Beispiel die Tröpfchenbewässerung, bei der die Feuchtigkeit bodennah einrieselt statt aus Beregnern, bei denen viel Wasser wieder verdunstet. Der Geowissenschaftler Ernst Rauch empfahl den Brandenburger Bauern, vorsorglich schon mal Olivenbäume zu pflanzen.

Versteckter Wasserverbrauch

Paradoxerweise ist es auch in regnerischen Gebieten Westeuropas angesagt, Wasser zu sparen. Gar nicht mal so sehr beim Duschen oder Wäschewaschen – sondern beim Einkaufen. Denn das Wasser aus dem Hahn ist in unserem Verbrauch buchstäblich nur ein Tropfen auf den Stein. Das meiste verbrauchen wir, ohne auch nur ein Glucksen zu hören: Es steckt als „virtuelles Wasser“ in den Waren.
Zu den Spitzenreitern des versteckten Wasserverbrauchs bei Lebensmitteln zählt Rindfleisch, die Tropfen fließen vor allem in den Futteranbau und die Ställe. Auch Kaffee verbraucht in seiner Erzeugung reichlich Wasser. Was unseren „Wasser-Fußabdruck“ angeht, leben wir Deutschen auf einem ziemlich großen Fuß: Zu der einen Badewanne voll Wasser, die jeder von uns täglich direkt aus der Wasserleitung holt, kommen jeden Tag 25 Badewannen hinzu, versteckt in Produkten. (Wer sparen will, findet hier Infos: br.de oder waterfootprint.org)

Vogel im Wasser
Foto: iStock

Unzuverlässige Wettervorhersagen

Nachdem wir am Morgen also Dusche und Kaffee weggelassen haben, ein Blick in den Himmel: Sieht es nach Regen aus, brauche ich einen Schirm? Leider lässt uns die Wettervorhersage häufig im Regen stehen. Trotz immer ausgeklügelterer Messtechnik, Satelliten und hierzulande seit dem Jahr 1781 systematisch erfasster Wetterdaten: Noch immer haben Meteorologen Schwierigkeiten, einen Regenguss präzise anzukündigen.

Je kleiner das Gebiet, desto weniger wahrscheinlich ist es, dass die Vorhersage zutrifft.

Dafür müsste noch kleinräumiger und noch genauer gemessen werden – und ein Rechner existieren, der die enorme Datenmenge schnell genug verarbeitet. Zudem ist noch immer nicht ganz entschlüsselt, was da in der Wolke vor sich geht und wann sie bereit ist, abzuregnen. „Je kleiner das Gebiet, desto weniger wahrscheinlich ist es, dass die Vorhersage zutrifft“, sagt Statistik­experte Reinhold Hess vom Deutschen Wetterdienst.

Wolken
Foto: Kaushik Panchal/Unsplash

Rennen oder gehen – wann wird man nasser

Wer in Hanau am Main spazieren gehen will, dem nützt keine Vorhersage für den Großraum Frankfurt.
Werden Sie also vom Regen überrascht, stellt sich die alles entscheidende Frage: Werden Sie nasser, wenn Sie gehen oder wenn Sie rennen? Knifflig. Einerseits laufen Sie beim Rennen in ziemlich viele Tropfen, andererseits sind Sie beim Gehen ja insgesamt länger im Regen. Achtung, Spoiler, hier die Antwort: Wenn Sie keinen Schirm dabeihaben, rennen Sie besser, mit Schirm gehen Sie gemächlich (das Warum erfahren Sie unter „Wird man bei Regen nasser, wenn man geht oder wenn man rennt?“ auf swr.de/wissen). Oder bleiben Sie doch einfach mal im Regen stehen, gehen Barfuß laufen, springen durch die Pfützen und genießen Sie einfach das nasse Himmelskonfetti wie eine Pflanze: Vielleicht blühen Sie wieder auf!

Die 12 besten Regensongs

  • Adele: Set Fire to the Rain
  • A-ha: Crying in the Rain
  • B. J. Thomas: Raindrops Keep Fallin’ on My Head
  • Ed Sheeran: Make it Rain
  • Eurythmics: Here Comes the Rain Again
  • Gene Kelly: Singin’ in the Rain
  • Melody Gardot: Over the Rainbow
  • Prince: Purple Rain
  • Rod Stewart: Have You Ever Seen the Rain
  • Tina Turner: I Can’t Stand the Rain
  • Travis: Why Does it Always Rain on Me?
  • The Weather Girls: It’s Raining Men

Kalter Schauer

Seltsam, wie wir so ticken: Kalte Tropfen von oben verärgern uns meist. Schirm auf, schnell nach Hause. Aber kaum wird es noch kälter und die Tropfen nehmen eine andere, kristalline Form an – da wird uns warm ums Herz. Schnee!!! Plötzlich ist die Welt leise, als hielte sie den Atem an, es knirscht unter den Sohlen, kitzelt auf der Nasenspitze. Wir legen den Kopf in den Nacken, fangen die Flocken mit der Zunge auf, bewerfen uns mit Schneebällen. Ein Fest, dieser Niederschlag!

Regen Lesen – 5 Tipps

  • Für Kinder: „Ein Wassertropfen auf Reisen“, gratis beim Hessischen Umweltministerium, umwelt.hessen.de
  • Für Schaulustige: Der Bildband „Wasser“ zeigt das nasse Element in seiner ganzen Pracht (TeNeues Verlag)
  • Für Leseratten: Im Roman „Die Geschichte des Wassers“ erzählt Maja Lunde von einer jungen Frau, die gegen Dürre kämpft (btb Verlag)
  • Für Faktenfreunde: „Wasser: Knappheit, Klimawandel, Welternährung“ (C.H.Beck Verlag)
  • Für Bastler: „Wasserklug leben & wohnen“ (Terzium Verlag)

Der Duft des Regens

Zweig mit Regentropfen

Aaaaah – dieser spezielle Duft in der Luft, wenn es nach langer Trockenheit endlich regnet! Wunderbar. Chemisch gesehen ist er ein Potpourri verschiedener Zutaten. Ein Alkohol namens Geosmin, den Bodenbakterien bei Feuchtigkeit reichlich produzieren, ist wichtiger Bestandteil, er riecht erdig. Dazu mischen sich Steinstaub und Pflanzenöle, die Gewächse während Trockenheit abgeben. Wissenschaftler bezeichnen Regenduft als „Petrichor“, abgeleitet von den griechischen Wörtern für Stein und Götterblut.

Tropfenklang
Schlaflos? Nervös? Die iPhone-App „Rain Sounds HQ“ entspannt mit gut 75 Regengeräuschen: sanftem Regen im Wald oder krachendem Gewitter, freundlichem Plätschern oder donnerndem Prasseln. „Rain Sounds“ für Android tut das Gleiche.

Von Johanna Dank