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Mehr als nur eine Tasche

Die neuen tegut… Taschen von manomama: 100 % sozial, 100 % bio, 100 % fair!

Facebook Post manomama S Trinkwalder

Seit März 2018 gibt es in unseren Märkten neue Baumwoll-Einkaufstaschen. Jute statt Plastik ist bei tegut… schon seit über 30 Jahren völlig normal, doch jetzt gehen wir mit den Taschen von manomama, Deutschlands erstem und bislang einzigem textilen Social Business, von Sina Trinkwalder in Augsburg gegründet, ganz neue Wege: 100 % sozial, 100 % bio und 100 % fair aus Deutschland!

Frau Trinkwalder, seit wann gibt es manomama und was ist das Besondere an Ihrem Unternehmenskonzept?

Sina Trinkwalder (ST): manomama gibt es jetzt schon ein bisschen über acht Jahre. Normalerweise ist es ja so, wenn man ein Unternehmen gründet, dass man eine neue Produktidee hat – bei mir war es genau umgekehrt: Ich wollte eine Firma für Menschen gründen, die auf dem Arbeitsmarkt keine Chance mehr haben. Leute, die durchs Raster der Personalabteilung fallen. Warum? Weil wir eine Leistungsgesellschaft sind und solange wir dieses Konzept unserer Gesellschaft aufstülpen, gehört es dazu, Arbeit zu haben, sonst bist du draußen. Wir haben so viele Herausforderungen in der Zukunft, dass wir keine kleinen fragmentierten Grüppchen, sondern eine feste Gesellschaft brauchen, damit wir die Probleme wie Globalisierung und Klimawandel gemeinsam schaffen. Und dass es ein Textilunternehmen wurde, hängt damit zusammen, dass Augsburg mal eine Textilhauptstadt war. Traditionen können schön sein, und so wollte ich sie weiterleben lassen. Mir war es nur wichtig, dass wir produzieren. Denn dann haben wir die Möglichkeit, jedem Menschen einen wichtigen Part in der Wertschöpfungskette zu geben. Jeder ist gleich wichtig, dabei ist es egal wie groß oder klein das Zahnrad ist. Wenn es nicht da ist, zeigt die Uhr am Ende des Tages keine Zeit.

Was bedeutet eigentlich Ihr Firmenname manomama? Und wie sind Sie darauf gekommen?

ST: Ich bin eigentlich gar nicht auf den Namen gekommen, sondern er ist eine Mischung aus neun Jahren Quälerei durchs Latinum und meinem kleinen, frechen Sohn. Früher hat er gerne einen Joghurt gegessen, der unten eine Fruchteinlage hatte. Die musste er immer auf eine spezielle Art und Weise nach oben arbeiten. Jedes Mal, wenn das nicht so klappte, wie er sich das vorstellte, hat er mich ganz böse angeschaut und gesagt: „Ach manno, Mama!“. Und das ist mir hängen geblieben. Als meine Firma dann einen Namen brauchte, war klar, dass ich mich in erster Linie um Frauen kümmern werde, und mano heißt auf Latein Hand: manomama – aus der Hand der Frauen. Passt!

Der textile Bereich ist sehr vielfältig. Wie kamen Sie auf die Idee, Baumwolltaschen zu produzieren?

ST: Nach der Gründung von manomama im Jahr 2010 haben wir mit wenigen Menschen angefangen, ganz einfache T-Shirts zu nähen, um überhaupt erste Schritte zu machen. Viele Menschen glauben ja, dass eine textile Wertschöpfungskette so aussieht, einfach einen Stoff zu kaufen, den zusammenzunähen und dann zu verkaufen. Industrielle Textilfertigung ist aber etwas völlig anderes! Ich habe das damals nicht gewusst und es hart lernen müssen … Nach und nach bin ich dann für mein außergewöhnliches Unternehmenskonzept ausgezeichnet worden und auf einer dieser Veranstaltungen lernte ich einen Kooperationspartner kennen, der mit mir zusammenarbeiten wollte. Kurze Zeit später rief er mich an und erzählte mir von Taschen. Einkaufstaschen, naja … das war nicht das, was ich mir vorgestellt hatte. Aber bei genauer Betrachtung war es eigentlich perfekt: Die Arbeit ist in ihren einzelnen Arbeitsschritten überschaubar und ich kann gewährleisten, dass jeder Mensch einen Schritt erlernen kann. Noch dazu hat eine Einkaufstasche wenige Zutaten. Ich dachte, wenn ich eine Bio-Baumwoll-Einkaufstasche komplett in Deutschland wertschöpfen kann, also vom Garn bis zur letzten Naht, dann bekomme ich das auch irgendwann mit Anzügen hin. Genauso ist es auch gekommen.  

Welche Rolle spielt denn Bio in Ihrer Produktion? 

ST: Manomama wurde als Social Business gegründet, also um Menschen, die in unserer Gesellschaft benachteiligt sind, Chancengleichheit zu ermöglichen. Ich habe mir dann überlegt, wie ich einen Arbeitsplatz so gestalte, dass ich ihn möglichst lange ausüben kann. Ich möchte keine chemischen Zusatzstoffe, sodass meine Ladies einen Ausschlag bekommen oder dass sie Handschuhe tragen müssen. Ich möchte nicht, dass meine Weber und Spinner Plastik in der Lunge haben oder dass meine Färber bis zu den Knien in Schwefelsäure stehen. Das hat alles etwas mit dem Menschen zu tun. Bio um seiner selbst willen macht ja keinen Sinn, sondern nur dann, wenn ich auch das Ziel habe, eine Verbesserung herbeizuführen. Ich möchte mit Bio einfach die Umwelt schonen. Im Textilbereich ist das ungemein wichtig, denn da ist unheimlich viel Dreck drauf. Beispielsweise Weichmacher, da fühlt sich der Stoff beim ersten Griff toll an und nach dem ersten Waschen wird er hart wie ein Brett. Wir verzichten von vornherein darauf. Warum müssen wir da Chemie draufschmieren, die dann ungefiltert ins Abwasser gelangt?! So ist die radikale Ökologie entstanden, die wir bis heute leben. 

Das ist bestimmt nicht immer einfach?

ST: Ganz genau, und so ist es für unsere ökologische Ausrichtung auch wichtig, dass wir auf chemische Schlichtmittel verzichten. Die sind wichtig, damit man beim Weben die Fäden sauber zusammenbekommt und ein ruhigeres Web-Bild entsteht. Wir machen das einfach mit Kartoffel- und Erbsenstärke aus nordrhein-westfälischen Kartoffeln und Erbsen. Geht nämlich genauso. Wenn wir etwas auf die Taschen drucken, hält es aber nur durch Hitze. Hat den Nachteil, dass meine Ladies beim Nähen der tegut… Taschen immer Lust auf Kartoffelchips haben. Hat aber auch den Riesenvorteil, dass Lebensmittel, die schließlich in den Taschen transportiert werden, nicht mit Chemie kontaminiert werden. Und das alles im Rahmen einer regionalen Wertschöpfungskette, denn wenn ein Textil aus China importiert wird, braucht es gesetzlich vorgeschriebene Chemie, damit es nach unseren Einführungsbestimmungen „sauber“ hier ankommt. 

Das heißt, wenn ich ein Bio-Lebensmittel in eine Baumwolltasche aus beispielsweise China lege, dann ist es kontaminiert?

ST: Ja, das ist mit einem T-Shirt genauso. Wenn ich ein Bio-T-Shirt aus dem Ausland kaufe, ist daran nicht mehr viel Bio, weil es die Transportchemie kaputt macht. Das ist bei manomama-Taschen nicht so, weil wir ganz ohne diese Chemie auskommen. 

Sie sagen, Transparenz und eine regionale Wertschöpfungskette zeichnen manomama aus. Wo kommen die Rohstoffe für eine Baumwolltasche her?

Die Bio-Baumwolle kommt aus Tansania. Von dort gelangt sie in Ballen per Schiff nach Bremen und anschließend nach Nordrhein-Westfalen. Die Ballen werden dort versponnen, also zu Garn gemacht; verwoben, also zu Stoff gemacht, und auch gleich noch mit schönen Designs bedruckt. Danach kommt alles direkt nach Augsburg, und da wird’s verarbeitet. Beim Nähfaden dasselbe. Die Henkel kommen aus dem Schwarzwald, aus Nagold, sie werden dort aus Bio-Baumwolle gewoben. Die Kartonagen kommen aus Landsberg, das ist 20 km von Augsburg entfernt. Danach geht’s ab nach Fulda und in die tegut… Märkte. Regionaler geht’s nicht! Das einzige, was dabei nicht aus Deutschland kommt, ist also die Bio-Baumwollfaser aus Tansania. Dort fahre ich auch ein bis zwei Mal im Jahr hin und lebe dann direkt bei den Bauern. So kann ich das andere Ende der Wertschöpfungskette verstehen. Das schönste Erlebnis dort hatte ich, als ich ein Abendessen für Bauern des Stammes Sukuma zubereiten konnte – aus einer Paprika, einer Schalotte und zwei Tomaten. Keine Gewürze, nichts. Meine Gastmutter erklärte mir, einfach alles kleinzuschneiden und einzukochen. Und was soll ich sagen: das war die BESTE Soße, die ich in meinem ganzen Leben gegessen habe! Sie war dermaßen aromatisch – sowas habe ich noch nie erlebt. Völlig verrückt. Wenn wir es schaffen, alles wieder natürlich anzubauen, dann brauchen wir den ganzen industriellen Kram nicht mehr. Und wir werden ein Geschmackserlebnis haben, das wirklich unglaublich ist. 

Das zeigt ja auch, dass sie Bio nicht nur auf Textil, sondern auf alle Bereiche ausdehnen.

ST: Das ist einfach eine Grundhaltung. Ich glaube, um nachhaltig, zukunftsorientiert und respektvoll gegenüber allen, die auf dieser Erde leben, handeln zu können, muss man das als Grundhaltung haben. Das ist ein inneres Wertegerüst. Es funktioniert nicht zu sagen: Textilien mache ich jetzt Bio, der Rest ist mir egal. 

Sie sind Partner von Bioland, was bedeutet das?

Wir sind vor vielen Jahren diese Partnerschaft eingegangen, um unsere gemeinsame Idee von regional wertgeschöpften und ökologischen Textilien voranzubringen. Dieser Prozess dauert 20, 30 Jahre, denn es liegt beispielsweise momentan überhaupt nicht an den Bauern, die keine Lust haben, Materialen herzustellen. Es liegt an den Verarbeitungsstufen dazwischen. Es geht beispielsweise nicht, dass wir hier heimischen Flachs/Leinen kultivieren. Das geht von der landwirtschaftlichen Seite wunderbar, doch wir haben dann den Stängel, den können wir hier nicht weiterverarbeiten. Den müssten wir dann nach China schicken, das ist aber ein ökologisches Maximaldisaster. Die Verarbeitungsstrukturen hier zu etablieren und aufzubauen, das geht nicht von heute auf morgen, da brauchen wir noch viel Geduld.  

Wie ist bei Ihnen denn die Arbeit organi… 

ST: (lacht) Gar nicht! Beziehungsweise ganz einfach: Wir haben von 6:00 Uhr bis 22:00 Uhr geöffnet. Wenn man den Arbeitsvertrag bei manomama unterschreibt, dann entscheidet man für sich selbst, wie viele Stunden man leisten kann und möchte. Die meisten meiner 150 Ladies und Gentleman, die bei uns unbefristet und fest angestellt sind, arbeiten Vollzeit, weil sie teilweise Alleinverdiener sind und Ihre Familie ernähren müssen. Ob sie jetzt um 6:00 Uhr anfangen oder bis 11:00 Uhr ausschlafen, das ist mir völlig egal. Die einzige Regel: Die Wochenstunden, zu denen ich mich entschieden habe, die leiste ich innerhalb dieser einen Woche ab. Denn ein bisschen Planungssicherheit brauche ich auch. 

Wie ist der Umgang mit den verschiedenen Kompetenzen im Team? Es gibt doch bestimmt auch Leute, die Textilerfahrungen einbringen.  

ST: Da gibt es mehrere, aber niemand ist mehr wert oder wichtiger! Wir haben ganz unterschiedliche Leute, zum Beispiel die Moni. Ihr größtes Talent ist es, mit einem Blick alles in der ganzen Halle zu sehen. Sie fühlt sich also quasi wie die Teamleiterin, und das muss man ihr auch geben, denn das hatte sie so viele Jahre nicht. Aber sie lässt das nicht raushängen! Dennoch dreht sie den ganzen Tag lang Taschen um und kümmert sich einfach zusätzlich darum, dass alle alles haben. Und so ist es überall bei uns. Wir haben auch keine Qualitätsmanager oder so. Das schafft Angst, Druck und Unwohlsein. Da kann keiner gut arbeiten. Angst ist ein schlechter Motivator. Wir machen das auf kleinem „Amtsweg“. Immer der Vordermann kontrolliert den Nachmann. Der erste Schritt ist also die Tasche zusammenzunähen und dann schaut der, der sie umgedreht hat, ob alles passt. Wenn nicht, geht’s nochmal kurz drüber. Und so haben wir bisher über 20/25 Mio. Taschen genäht und bis heute keine einzige Reklamation erhalten. Einfach, weil jeder einzelne mit Herzblut bei der Sache ist.  

Der Basisstundenlohn ist …

ST: … 10 Euro. Den bekommt jeder. Wirklich Jeder! Darüber hinaus haben wir Sozialboni. Wenn sich jemand über die Maßen in eine Gemeinschaft einbringt, also ein offenes Ohr hat oder sein Wissen an andere weitergibt, dann erhält er einen einmaligen Bonus am Ende des Monats on top. Das beschließen wir gemeinschaftlich. Und wenn sich jemand auf Dauer engagiert, dann sagen wir zum Beispiel: „Die Moni, die ist hier immer die Stütze, die bekommt den Bonus dauerhaft.“ 

manomama ist also 100 % sozial, 100 % bio und 100 % fair? 

ST: Ja, das ist so. Das muss es auch sein. Was nützt uns alles ökologische, wenn es sich einfach keiner leisten kann. Was soll der Blödsinn? Der Punkt muss sein, dass man gemeinschaftlich Wege geht, um auch eine Erschwinglichkeit zu schaffen. Aber dann bitte auch so, dass beide Seiten gleich ausgerichtet sind. So wählen wir auch unsere Partner aus. An Anfragen mangelt es nicht. Wir möchten aber nicht, dass sich andere mit unseren Werten schmücken und deshalb mit uns kooperieren. 

Wie sieht die Zukunft von manomama aus?

ST: Die Zukunft von manomama sieht toll aus, weil wir jetzt auch zusammen mit tegut… eine geile Kooperation machen!

Mit Sina Trinkwalder sprachen Andrea Rehnert, tegut… Textredaktion, Fulda, und Leonie Hofmann, Praktikantin der tegut… Textredaktion, Fulda. 

von Online-Redaktion