Der tegut... Einkaufszettel

Einkaufszettelpoesie Nr. 14

Einkaufszettel sagen einiges über Menschen aus, über deren Verhältnis zum Duden und zu Kopfnüssen.

Einkaufszettel sind ein Hort der Leckerbissen. Diese außergewöhnliche literarische Kate­gorie hält wirklich für jeden was bereit: für Köche, Hausmänner und -frauen, Fleisch- und Gemüse­lose, Hungrige und Durstige. Aber auch für Rebellen, Regelhüter, Freiheits- oder Horrorfreunde.

Ein Meisterwerk der Provokation

tegut... Einkaufszettel
Gefunden in der tegut… Filiale in Witzenhausen

Gesellschaftliche oder menschliche Abgründe treten hier genauso verdichtet zutage wie die Höhen der Fantasie und Rätselkunst. Der Autor dieses Machwerks etwa hat ein Meisterwerk an Provokation und Proteinen erschaffen. Was, glauben Sie, macht ein durchschnittlich talentierter Deutschlehrer mit Leinsahmen, Himber und Mazarela? Wahrscheinlich würde er versuchen, daraus eine Salatbeilage oder einen vermeintlich kreativen Nachtisch zu zaubern, den er dann seinem Kollegen aus der Schulkantine als Vorschlag für die Speisekarte anbieten würde. Die Folge: ein mittlerer Elternaufstand. Oder aber er verzweifelt an den Worten wie an einem dadaistischen Gedicht, wirft die Dose Rindfleisch an die Wand, deren proteinhaltiger Inhalt vom Lehrerhund dankend angenommen wird. Auch das wäre nicht auszuschließen.

Der Verfasser dieses Werkes hingegen hat nicht nur Konrad Duden eine schriftliche Kopfnuss gegeben, sondern auch den Rätselfreunden: Was will er uns mit dem letzten Wort wohl sagen? Der Deutschlehrer hat sicher keine Ahnung. Aber das ist ja das Schöne an gut gemachten Texten. Sie lassen jedem Raum für die eigene Sichtweise: auf Frisurole, Frisch role oder Frsei rale.

Von  Dirk Henkelmann