Sprichwörter aus der Küche

Kostbare Gedanken aus der Küche

Dass Küchen Orte der tiefen Wahr- und Weisheit sind, weiß jeder Mensch, der seine besten Jahre auf WG-Partys verbracht hat. Unsere Kolumnistin hat hier ihr üppiges Küchenwissen versammelt – von traditionell bis trendig.

Eine Frau steht mit verschränkten Armen vor einer Glasfront und lächelt in die Kamera

Von Suppenlöffeln und Lebensweisheiten: Die Küche als Quelle der Erkenntnis

In der Küche sind immer die besten Leute. Insofern ist es nur logisch, dass das Wissen, das in diesem Raum geteilt wird, uns als leicht verdauliche Küchenweisheiten durch alle anderen Zimmer und eigentlich das ganze Leben begleitet. „Die kochen auch nur mit Wasser“ ist so eine Weisheit. So wie „Die gehen auch nur aufs Klo“, aber in vornehm. Man denke an den eigenen Chef oder die etepetete Nachbarn beim Nudelkochen. An jene sechs Minuten, die es im Schnitt dauert, Wasser zum Sieden zu bringen. Beruhigend, oder nicht? Wussten Sie, dass Männer dazu neigen, dabei stumpf in den Topf zu starren, Frauen die Zeit aber für kleinere, küchenrelevante Tätigkeiten nutzen?

Der deutsche Sprachgebrauch ist voller Bonmots, die ihren Ursprung im magischen Dreieck zwischen Kühlschrank, Herd und Küchentisch haben. So soll man ja bekanntlich die Suppe selbst auslöffeln, die man sich eingebrockt hat – vorausgesetzt freilich, man findet kein Haar in dieser Suppe. Und wer keine Tomaten auf den Augen hat, sieht das ja und hat dann den Salat – pfui, das Auge isst doch mit! Wer das Haar in der Suppe findet, kocht dann vielleicht vor Wut. Mit ihm ist nicht mehr gut Kirschen essen. Lieber wäre ihm das Salz in der Suppe gewesen, ja, das wäre eher das Gelbe vom Ei. Ei übrigens schmeckt am besten, wenn einer seinen Senf dazugibt. Wie dem auch sei, was immer gilt: Erst mal abwarten und Tee trinken, bis alles wieder in Butter ist. Und damit lassen wir diesen Quark hier auch, denn in der Kürze liegt bekanntlich die Würze. Gegessen wird immer, klug dahergeredet auch. So scheinen Küchenweisheiten so alt wie die kochende Menschheit zu sein. Womöglich sind die Sprichwörter der Jäger und Sammler jedoch zwischendrin verloren gegangen. „Lieber ein Mammut am Speer als der Magen noch leer“, sagt heute niemand mehr, klänge aber doch einleuchtend.

Zwischen Bibelzitaten und Küchenphilosophie

Schon im Alten Testament heißt es: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein“, 5. Buch Mose, Psalm 8,3. Etwas neuer dürfte die Fortführung dieses Gedankens sein: „In der Not schmeckt die Wurst auch ohne Brot.“ In Literatur und Philosophie, der echten, nicht nur der Küchenphilosophie, geht es ebenfalls wortschön um Eingemachtes und Gekochtes: „Der Mensch ist, was er isst“, schrieb Philosoph Ludwig Feuerbach und Schriftsteller George Bernard Shaw: „Keine Liebe ist aufrichtiger als die Liebe zum Essen.“ Ein Künstler, wer es vermag, so viel Wahrheit in nur einem Happs zu servieren.

Wahr sind Küchenweisheiten fast immer. Hier der Reality-Check: „Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird“. Ja, leider, denkt sich die Mutter von dreien, die 74-mal hatte rufen müssen, erst freundlich („Kinder, Essen ist fertig!“), dann freundlich-bestimmt („Kommt bitte essen!“), dann leicht genervt („Leute, Essen, jetzt!“) und schließlich frei heraus sauer („ESSEN!“). Nicht wirklich haltbar hingegen scheint: „Hunger ist der beste Koch“. Ist er das wirklich? Reißt er nicht schnell irgendwelche Chips- und Käsepackungen auf, weil Gemüse schnippeln zu lange dauert?

Die wahrste von allen aber könnte diese unbequeme Wahrheit sein: „Viele Köche verderben den Brei.“ Oder anders gesagt: Raus! Aus! Meiner! Küche! Wer kennt das nicht, es nervt doch nur, wenn wieder einer vor genau der Schublade steht, an die man gerade ranmuss, oder – schlimmer noch – es wagt, Salz in die Wunde, äh, die Sauce zu kippen. Weg da, ihr Breiköche! (Nur schnell wiederkommen, wenn das Essen dann fertig ist, weil: siehe oben.)

Vom Kochen zum Leben, von der Küche zum Herzen

Sogar in Herzensdingen findet man in der Küche Rat: „Jeder Topf findet seinen Deckel“ oder „Der Appetit kommt beim Essen“ heißt es etwa (keinesfalls zu verwechseln mit „Appetit holt man sich draußen, aber gegessen wird zu Hause“). Das soll ein Mutmacher sein, dem einen oder der anderen doch mal eine Chance zu geben. Eine zweite vielleicht? Aufgewärmt schmeckt’s … nicht? Besonders gut? Manchmal lassen Küchenweisheiten einfach ein bisschen Interpretationsfreiraum. Und Platz für die eigene Fantasie: „Wahre Liebe ist wie Halloumi – manchmal auch ein bisschen zäh“, könnte man da etwa dichten. Oder: „Wer die ganze Tüte Gummibärchen will, muss auch die grünen essen.“ Oder: „Eine Ehe ist wie Sauce hollandaise – harte Arbeit, aber auch mächtig.“

Vielleicht fallen Ihnen beim nächsten Nudelkochen ein paar eigene Weisheiten ein, die Sie mal unter die Leute bringen wollen? Ich hätte als zeitgemäße Bonmots gerade im Angebot:

  • „Hat die Schale einen Knacks – mach Rührei draus.“

  • „Man muss den Spargel schälen, solange er weniger als zehn Euro kostet.“

  • „Timing ist alles: Zwischen steinhart und innen braun liegt bei der Avocado nur ein Augenblick.“

  • „Ob du Schwein brätst oder Soja, die Pfanne wird immer schmutzig.“

Es ist, als lägen in der Küche die kostbarsten Antworten auf alle Fragen der Welt und man müsste nur ordentlich zulangen, um die Weisheit von dort mit Löffeln zu fressen. Guten Appetit!

Biografie

Nina Anika Klotz hat in ihrem Leben als Autorin schon viele Texte an Küchentischen geschrieben. Sie würde gern sagen, sie hätte das stets wegen der besonderen Aura dieser Räume getan, in denen mit Liebe Gutes gekocht wird – tatsächlich war es meist einfach eine Platzfrage. Nichtsdestotrotz mag sie Küchen. Denn: „Wo Parmesan gerieben wird, da ist das Herz zu Hause.“ Oder so ähnlich.

Die Küchenweisheiten auf einen Blick

  • „Die kochen auch nur mit Wasser"

  • „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein“

  • „In der Not schmeckt die Wurst auch ohne Brot.“

  • „Der Mensch ist, was er isst“

  • „Keine Liebe ist aufrichtiger als die Liebe zum Essen.“

  • „Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird“.

  • „Hunger ist der beste Koch“.

  • „Viele Köche verderben den Brei.“

  • „Jeder Topf findet seinen Deckel“

  • „Der Appetit kommt beim Essen“

  • „Appetit holt man sich draußen, aber gegessen wird zu Hause“

 

Text: Nina Anika Klotz

Illustration: Isabel Blumenthal