Alltägliche Schattenplätzchen

Glück im Schatten

Willkommen, Sommer, Sonne, Wärme! Wir lieben euch. Aber ab und an muss auch Abkühlung her. Jetzt schlägt die Stunde der schönen Schattenplätzchen!

Kind schläft in Hängematte
Foto: Stocksy

Schatten im besten Licht

Nun ist er endlich da, der Sommer. Fällt er so aus, wie wir ihn ersehnt haben, ist er sonnig und heiß – und bringt uns ganz schön zum Schwitzen. An den ersten warmen Tagen rennen wir noch jedem Lichtstrahl nach. Aber irgendwann sehnen sich auch die größten Sonnenanbeter nach Schatten. Abkühlung muss her!

Höchste Zeit also, den Schatten mal im besten Lichte zu zeigen. Der Ärmste führt nämlich für gewöhnlich ein Dasein mit zweifelhaftem Ruf: Schattenreiche, Schattenwirtschaft, ein Schatten seiner selbst, die dunkle Seite der Macht. Dunkel ist das Mittelalter – die Moderne will hell sein, um jeden Preis. Das rächt sich. In unseren Wohnungen merken wir im Hochsommer, was uns die Verklärung des Lichtes eingebrockt hat: bodentiefe Fenster allenthalben – und keine beschattende Markise weit und breit, auch die traditionellen Fensterläden mit Lamellen sind aus der Mode geraten.

Schattenspender

Nach wenigen Tagen Sommer ist es drinnen so heiß, dass wir am liebsten im Kühlschrank schlafen würden. Wo ist sie geblieben, die architektonische Kunst der Verschattung? Wo sie doch vor Zeiten schon so elegante Lösungen gefunden hat! Arkaden zum Beispiel. Nein, damit sind nicht Einkaufszentren gemeint, sondern die luftigen Bogengänge, unter denen Sie geschützt vor Sonnenstrahlen flanieren können. Auch die Architektur von Pergolen und Kreuzgängen erfreut die Schattensucher unter uns.

Sommerliche Ausflüge

Und da wir in diesem Sommer ja doch eher im Lande bleiben, als in die Ferne zu schweifen: Wie wäre es mit ein paar schattigen Ausflügen? Lustwandeln Sie doch mal durch den Arkadenhof des schwäbischen Schlosses „ob Ellwangen“, unter den Bögen im Innenhof des Hochschlosses in Weilburg oder zwischen den Wandmalereien des Arkadenganges im Münchner Hofgarten. Brütet die Hitze, sind Klöster erbauliche Ziele: kühle Kirchen, lauschige Innenhöfe. Der doppelte Kreuzgang im Kloster Walkenried am Harz gilt als einer der beeindruckendsten Deutschlands, der im schwäbischen Kloster Maulbronn ebenfalls. Beide Klöster sind traumhaft schön und UNESCO-Weltkulturerbe. Und wer sehen will, wie romantisch der Schatten in einer mit Ranken bewachsenen Pergola ist, der geht in den Darmstädter „Park Rosenhöhe“, wo alte Bäume und die üppige Rosenpergola locken.

Klösterlichen Kreuzgang
Erhebende Architektur, kühle Gänge: Schatten im klösterlichen Kreuzgang. | Foto: Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg/Arnim Weischer

Überhaupt sind Bäume ja die besten Schattenspender. Bei Gluthitze ist eine Fahrradtour vielleicht nicht die beste aller Freizeitideen, der Sonnenstich ist da quasi garantiert. Ein ausgedehnter Spaziergang im Wald hingegen ist un­schlagbar, gern einfach aus Freude am Gehen, ohne räum­liches Ziel. Kühl ist es unter dem Blätterdach, die Luft frisch und sauber, denn die Buchen, Eichen oder Fichten produ­zieren tagsüber Sauerstoff. „Ein Spaziergang kurbelt das Immunsystem an und wirkt heilsam auf die Psyche“, so die Coaching-Expertin Sabine Claus (siehe Buchtipp Seite 13), „und ein Spaziergang gibt mehr Energie, als er kostet. Er ist ein Gang in die Welt – und zugleich ein Gang nach innen.“

Die Wälder Thüringens

Besonderes Glück im Schatten versprechen die Urwaldpfade in den wilden Wäldern Thüringens. Sie sind ein Paradies der Artenvielfalt, Luchse und Wildkatzen sind hier ebenso zu Hause wie seltene Käfer oder Pilze und uralte Bäume (thueringer-urwaldpfade.de). Bei den „100 Lieblingsorten“ und tollen Tipps fürs Wandern oder Radeln in der hessischen Natur auf hessen-tourismus.de ist sicher einiges für Schattensucher dabei. So lockt die Rhön auf wunderbare Schattenwege, zum Beispiel den Pfad der Baumgiganten bei Bad Kissingen.

Wald mit Sonnenschein
Foto: iStock

Einem ganz besonderen dieser Methusalems können wir Schattenpilger natürlich nicht widerstehen: der Sommerlinde im hessischen Schenklengsfeld, mit gut 1200 Jahren vermutlich der älteste Baum Deutschlands (schenklengsfeld.de). Auf ihren knorrigen vier Stammteilen erhebt sich eine Krone mit gut 25 Metern Durchmesser. Was hat sie schon alles gesehen? Wer mag schon alles in ihrem Schatten gesessen haben? Der Hit für Kinder ist das 30.000 qm große Maislabyrinth am Edersee, in dem sie auf schattigen Irrwegen zwischen mannshohem Gewächs den Ausgang suchen (maislabyrinth-edersee.de).

Schatten im eigenen Garten

Der Klimawandel lässt vermuten, dass die Sommer eher heißer werden als bislang – und so nutzen wir die Zeit, um auch den eigenen Garten in ein erfrischendes Schattenreich zu verwandeln. Die meisten Pflanzen mögen ohnehin keine direkte Sonne, sie bekommen Sonnenbrand wie wir Menschen! Auch im Garten sind Bäume die besten Schattenspender. Gut macht sich zum Beispiel ein Kugel-Trompetenbaum, der mit seinen großen herzförmigen Blättern und der dichten Krone Lichtschutz bietet (z. B. bei baumschule-horstmann.de), sein Duft wirkt außerdem abschreckend auf Mücken. Dann noch ein paar Rankgitter für Kletterrosen und eine Holz­pergola über der Terrasse – und das Spiel aus Licht und Schatten ist perfekt. Was im neuen Halbschatten alles Schönes mit Begeisterung wächst, von Akelei bis Zwiebel, das verrät Dorothée Waechter im Ratgeber „Schattenpflanzen“ (blv.de).

„Lasst doch jedem seinen Schatten, und sein Licht verwehrt ihm nicht; Lasst doch uns auch, was wir hatten, unsern Schatten, unser Licht!“ Hoffmann von Fallersleben, deutscher Dichter (1798–1874)

Den Garten möblieren

Dann möblieren wir unseren Garten noch mit ein paar Sehnsuchtsobjekten. Als Erstes natürlich: ein Strandkorb. Aus Holz, mit Wei­dengeflecht und karierten Bezügen schafft er im Nullkommanichts ein Ferienfeeling wie am Meer. Ähnlich wirksam ist eine Hängematte, aufgespannt zwar nicht zwischen Palmen, aber gern im Schatten unter Obstbäumen. Am besten schlummert es sich auf einer Stabhängematte, wo Holzlatten das Kopf- und das Fußende spreizen, sodass die Matte sich nicht um den Schlä­fer rollt (z. B. bei lasiesta.com). Und damit die Sonne nun nicht ganz beschäftigungslos durch den Garten strahlt, stel­len wir ihr eine Sonnenuhr hin, deren schmaler Schattenfinger die Tageszeit weist. Man wird übri­gens tatsächlich auch im Schatten braun: Laut Bundesverband der Deutschen Dermatologen erreichen uns im Schat­ten noch 50 Prozent der UV-Dosis – für die Haut ist das genug. Zum schummrigen Chillen holen wir uns dann noch ein kühles Getränk oder eine geeiste Melone – mehr Glück finden Schatten nicht! Genießen wir’s nach Kräften, schließlich wirft der Herbst bald seine Schatten voraus …

Schöne Stunden

„Mach es wie die Sonnenuhr, zähl die schönen Stunden nur“ – einst schrieben wir es uns ins Poesiealbum, jetzt tun wir es im Garten oder an der Hauswand und lassen den schmalen Schattenfinger die Tageszeit weisen (z. B. in der Wand-Version links, bei bader.de). Als „Dorf der Sonnenuhren“ gilt der hessische Ort Birkenau im Odenwald, wo an die 200 Sonnenuhren Hauswände, Gärten und Parks schmücken. sonnenuhren-birkenau.de

Maritimes Flair

Strandkorb
Foto: Shutterstock

Lassen Sie sich nicht vom Namen beirren: Sie müssen nicht auf den nächsten Sommerurlaub warten und auch nicht in aller Frühe aufstehen, um sich den besten Platz in einem bequemen Strandkorb zu sichern. Denn die komfortablen Outdoor­Möbel schaffen auch auf dem Balkon oder im eigenen Garten flugs wunderbare Ferienstimmung. Entstanden sind sie vor etwa 150 Jahren in den Seebädern an der Ostsee. Günstige Exemplare gibt es z. B. bei strandkorb-hanse.de

Moon Shadow, Moon Shadow

Mond und klarer Himmel
Foto: Shutterstock

An je einem Tag im Juli und August haben wir Vollmond, an allen anderen Tagen ist der Trabant mehr oder weniger verschattet. Aber woher kommt dieser Schatten? Nein, nicht von der Erde – das wäre eine (eher seltene) Mondfinsternis. Er kommt vom Mond selbst, dessen Stand zur Sonne sich ständig ändert. Wir sehen den Trabanten bei Vollmond zur Gänze von der Sonne beleuchtet, bei Neumond zeigt er uns seine Nachtseite, weil die Sonne hinter ihm steht. Und in den Phasen dazwischen sehen wir den unbeleuchteten und beleuchteten Teil gleichzeitig von der Seite. Die wahrhaft dunkle Hälfte des Mondes, seine Rückseite, sehen wir nie, weil sie immer von der Erde abgewandt ist. Mehr unter „Mondphasen“ auf wikipedia.de

Bücher zum Thema Schatten

  • Schattenspiele
    Mit Licht und Schatten und flinken Fingern lässt sich ein unterhaltsames Heimkino inszenieren: Von der Schlange bis zum Einhorn gibt uns Sophie Collins in „Schattenfiguren“ (Bassermann Ver­lag) 100 Tiermotive, die sich mit nur einer Hand oder dem ge­schickten Zusammenspiel bei­der Hände darstellen lassen. randomhouse.de
  • Spazieren als Lebenskunst
    Lustwandeln im schattigen Wald, unter Parkbäumen, am Fluss: Wie wir mit genüsslichem Spazierengehen entschleunigen und regenerieren, wie es Kreativität, Achtsamkeit und eine posi­tive Gesprächssituation för­dert, dafür sensibilisiert der Schweizer Coach Sabine Claus in dem Band „Auf dem Weg – 20 Spaziergänge für das seelische Wohlbefinden“. junfermann.de
  • Vor der Haustür
    Das Gute liegt so nah: 52 kleine und große „Eskapaden in der Rhön“ bietet dieses Buch (DuMont Buchverlag), ob zum Wandern, Radeln, Paddeln oder einfach Natur-Genießen. Die Ausflugstipps sind gut beschrieben, das Kartenmaterial lässt sich auch downloaden. Also ab nach draußen! Über thalia.de

Von Johanna Dank