Erdboden

Gesunder Boden: Querbeet

Glänzend dunkelbraun, feucht und duftend: Gesunder Boden in unseren Beeten und Äckern ist ein Universum voller Leben. In ihm wurzelt alles, von dem wir leben, sogar das Klimaproblem könnte er lösen. Grund genug, mal genau hinzusehen – und Boden gutzumachen, auch im Kleinen.

Hände Erde
Mit den Händen im Beet wühlen und Pflanzen in die Erde buddeln – das tut der Seele gut | Foto: Stocksy

Sehnsucht nach Natur

Wie wunderbar, endlich Frühling! Endlich frisches Gras, dessen Grün die Seele erfrischt, endlich Blätter an vor Kraft strotzenden Bäumen, endlich Bienen, die in Blüten summen. Im langen Lockdown haben wir die Sehnsucht nach der Natur wiederentdeckt. Und wühlen jetzt mit Begeisterung und fröhlichem Größenwahn querbeet im Garten, bepflanzen den Balkon und graben Stauden in die Ecken. Die Erde tut uns gut, sie erdet uns im Wortsinn, das hausgemachte Stück Natur schenkt Zuversicht. Wer Pflänzchen päppelt und gegen Schnecken und Giersch kämpft, der ist auch schwierigen Zeiten gewachsen.

Die Erde ist ein Universum voller Leben

Und während wir da so herumgraben im Beet, spüren wir es: Die Erde ist nicht nur der Dreck unter unseren Fingernägeln – sondern ein Universum voller Leben! Im Humus tummeln sich mehr Lebewesen als Menschen auf der Erde: Regenwürmer, Ameisen und Maulwürfe, Milben, Asseln und Pilze, Millionen von Bakterien, Mikroorganismen und so fort. Sie alle lockern den Boden und verarbeiten organisches Material so, dass Nährstoffe für Pflanzen entstehen. Ohne sie würde nichts wachsen.

Erde
Foto: Stocksy

Wie Humus das Klima rettet

Die Humusschicht könnte sogar unser Klima retten. Sie ist zwar nur 10 bis 30 Zentimeter dick, speichert global aber mehr schädliches Kohlenstoffdioxid als die Erdatmosphäre und die gesamte Vegetation zusammen. Ein Prozent mehr Humus nur, und der Gehalt von CO₂ in der Luft würde auf ein fürs Klima neutrales Maß sinken. Doch sehr sorgsam gehen wir mit diesem Geschenk der Natur nicht um. Im Gegenteil: Der Humus macht sich vom Acker.

Nur noch ein Sechstel der Böden in Deutschland kommt auf den empfehlenswerten Humusanteil von vier bis acht Prozent, 30 Prozent haben nur noch ein Prozent. Die Gründe kennen wir inzwischen alle: Bodenverdichtung durch schwere Maschinen, Erosion durch Wind und Wasser, Überdüngung, Vergiftung durch Pestizide, Aus­zehrung durch Monokulturen, Waldrodung, Überbau­ung mit Straßen und Siedlungen. Derzeit stuft die EU nur 40 Prozent der Agrarböden als gesund ein und arbeitet an einer Vorgabe zu ihrem Schutz: Bis 2030 sollen drei Viertel der Böden gesund sein.

Kräuter
Foto: Stocksy

Öko-Landwirtschaft erst bei zehn Prozent

Biologischer Landbau schafft das auch schneller: Mit organischer Düngung und vielfältiger Fruchtfolge baut er Humus auf statt ab. Ein Öko-Bauer sät auch mehrjährige Mischkulturen, die tief wurzeln und den Boden lockern. Er düngt mit Leguminosen, Pflanzenresten und dem Mist seiner Kühe, er bearbeitet die Krume nur minimal, um das Bodenleben nicht zu stören. Hecken und Bäume säumen die Felder, bremsen die Erosion durch Wind und schaffen ein gutes Mikroklima. Leider liegt der Anteil der Öko-Landwirtschaft hierzulande erst bei zehn Prozent – mit unseren Einkaufsentscheidungen aber haben wir die Macht, die Bio-Bauern zu unterstützen!

„Regenwürmer sind die Eingeweide der Erde.“ 

Aristoteles, griechischer Philosoph (384–322 v. Chr.)

Am liebsten Gründünger

Und noch eine gute Nachricht: Wir alle können auch im Kleinen, nämlich mit unseren Gärten und Parzellen dazu beitragen, Boden wieder gutzumachen. Für den Garten­boden gilt ja genau das Gleiche wie für die Landwirtschaft: Am besten ist eine gut gepflegte, nährstoffreiche Humusschicht, für Blumen ebenso wie für Gemüse. Wer genau wissen möchte, wie das Zusammenspiel von Sand, Lehm, Ton und Humus in seinem Beet beschaffen ist, welche Mineralien und welchen pH-Wert der Boden hat, lässt ihn testen.

Das geht bei unterschiedlichen Anbietern, etwa unter bodenanalyse-zentrum.de, dann ist schon mal klar, was dort gern wächst und was nicht. Und ob der Boden Hilfe braucht. Die können wir ihm zum Beispiel geben, indem wir regelmäßig mulchen, etwa mit Herbstlaub oder Rasenschnitt, das sorgt für ordentlich Humusbildung. Gleiches gilt, wenn wir im Frühjahr Gartenkompost ausbringen, der den Boden mit wichtigen Nährstoffen ver­sorgt.

Lupinen
Pflanzen wie diese Lupinen, aber auch Hülsenfrüchte oder Rotklee verbessern die Bodenbeschaffenheit – und erfreuen das Auge | Foto: Stocksy

Moore sind bedrohte Lebensräume

Eine geschlossene Pflanzendecke oder Mulchschicht schützt vor Austrocknung und hält Unkraut klein. Auch durch organische Dünger (also solche aus Pflanzenmaterial oder Mist) lässt sich der Humusgehalt im Gartenboden erhöhen – aber achten Sie darauf, dass diese Bodenverbes­serer keinen Torf enthalten! Denn Moore sind einzigartige und bedrohte Lebensräume, die wir bewahren müssen. Auch sie speichern besonders viel Kohlenstoffdioxid. Sie können Ihren Gründünger auch einfach pflanzen: Wicken, Lupinen, Senf oder Rotklee wandeln den Luftstickstoff mithilfe sogenannter Knöllchenbakterien an den Wurzeln in pflanzenverfügbare Stickstoffverbindungen um – und sehen dazu noch hübsch aus.

Asche – der älteste Dünger der Welt

Einer der ältesten Dünger der Welt ist Asche. Dank ihrer großen Oberfläche wirkt die Pflanzenkohle nicht nur als Wasserspeicher in der Erde, sie bindet auch Nährstoffe und fördert die Humusbildung. Mit ihrem hohen pH-Wert ist sie vor allem für schwere, tonige Böden geeignet. Wenn Sie also unbehandelte Scheite im Kamin oder Grill verbrennen, arbeiten Sie deren Asche einfach in die Beete ein – allerdings nur in abgeerntete, sie verletzt sonst sensibles Pflanzengewebe.

All diese Bodenliebe hält zudem noch eine Belohnung bereit für alle, die im sonnigen Frühjahr auch gern ein bisschen faul sind: Das Umgraben können Sie getrost sein lassen. Denn in den oberen 15 bis 30 Zentimetern des Erdreichs spielt sich das Bodenleben ab, dieses empfindliche Gefüge sollte möglichst nicht gestört und umgeschichtet werden. Ein bisschen Lockern mit der Grabgabel genügt. Das klingt doch auch noch prima, oder? Dann kann’s ja losgehen – viel Spaß querbeet!

Maulwurf
Foto: Stocksy

Expedition ins Erdreich

Mit Teebeuteln die Bodenqualität testen? Das geht tatsächlich. Eingegrabene Beutel werden leichter, wenn die Teeblätter durch Mikroorganismen zersetzt werden. Der „Tea Bag Index“ des Gewichtsverlustes gibt Aufschluss über die Qualität des Bodens. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat zu einer Mitmachaktion aufgerufen: Hobbyforscher können ein Aktionspaket – u. a. mit dem Teebeutel-Experiment – anfordern und später ihre gewonnenen Daten hochladen, die dann Teil eines europäischen Forschungsnetzwerkes werden. expedition-erdreich.de

Genau hinsehen

In seiner Dokumentation „Unser Boden, unser Erbe“ vermittelt Regisseur Marc Uhlig eindringlich und mit schönen Bildern, warum die kostbare Ressource unsere größte Wertschätzung verdient und wie jeder Einzelne zu ihrem Erhalt beitragen kann. DVD z. B. bei thalia.de

Lesen

  • Glück im Garten: Vom sinnlichen Vergnügen, sich Stück für Stück einen Bio-Garten zu schaffen, schreibt Andrea Heistinger in „Wühl dich glücklich“, mit konkreten Tipps fürs Gelingen. loewenzahn.at
  • Reise in die Unterwelt: In „Der Boden“ nimmt der Forstwirt und Autor Peter Laufmann seine Leser mit in die Tiefe und zeigt ihnen die faszinierende Welt unter unseren Schuhsohlen. C. Bertelsmann Verlag, randomhouse.de
  • Erde verstehen: Wer schöne Blüten oder knackiges Gemüse im Garten haben möchte, muss vorher die Erde verstehen, aus der sie wachsen. Wie das geht und wie man Garten­boden verbessert, erklärt Autor Blaise Leclerc in „Lebendiger Boden“. stocker-verlag.com

Von Johanna Dank