Der tegut... Einkaufszettel

Einskaufszettelpoesie Nr. 8

Einkaufszettel sind bekanntlich eine wichtige Gedankenstütze beim Einkaufen. Weniger bekannt ist, dass sie auch der Ursprung so mancher Liedtexte zu sein scheinen.

Auch jenseits des Schlagers sind deutsche Texte in den vergangenen Jahren ja wieder sehr en vogue geworden. Man kann sich nun darüber freuen und sagen, „ist doch toll, dann verstehen alle, was da gesungen wird“. Oder aber: „Oje, nun kann man verstehen, was da gesungen wird.“ Oft leider eher Letzteres, da viele Songtexte doch selten über das sprachliche Niveau von Einkaufszetteln hinauskommen. Übertrieben?!

Stellen wir uns mal drei Anfang-Zwanzigjährige mit Instrumenten vor, auf einer Lokalbühne unter dem Bandnamen „Sirup“ auftretend. Alle vegan, bis auf Hack, den Drummer. Pizza, der Sänger, erhebt seine Stimme und singt inbrünstig und mit der Überzeugung, die Sprachgewalt von Goethe, Ringelnatz und Nietzsche in sich zu vereinen:

„Wir trafen uns, nur du und ich, im fahlen

Räucherstäbchenlicht.

Du strahltest schön, charmant und weit,

gehüllt in ein Zitronenkleid.

Ich war nervös, mir ging die Düse,

ich war das Obst, du das Gemüse.

Blicke wie Milch, Küsse wie Saft,

Alarmstufe Tomate, ich war geschafft.

Du hattest Haar, gewunden wie der Colorado,

du bist so wunderbar, du süße Avrokado.“

Scheuchen wir Sirup wieder schnell von unserer gedanklichen Bühne und ersparen uns den Rest des Textes, denn er würde von Gurke, Baguette und Liebe handeln …

Sicher, manchem Popsong tun wir mit unserer Behauptung unrecht, aber viele Songs fallen selbst gegenüber Einkaufszetteln qualitativ ziemlich ab. Und satt machen sie ebenso wenig.

* Gefunden in der tegut… Filiale in der Goethe Galerie in Jena

Von  Dirk Henkelmann